
Eine hautverträgliche und umweltfreundliche Kunststoffbeschichtung soll bei Bestrahlung mit Infrarotlicht aktiviert werden und Keime abtöten. Die Empa entwickelte das neue Mittel im Kampf gegen Antibiotika-resistente Pathogene und macht erste Versuche in der Zahnmedizin.
Etwa 5 Millionen Menschen sterben jährlich durch resistente Bakterien. An der Covid-Pandemie starben über 20 Millionen. Mit smarten Materialien und Technologien wollen die Empa-Forscher die Ausbreitung von resistenten Erregern und neuartigen Viren verhindern. Oberflächen und Materialien wie Türklinken in Spitälern oder Einrichtungsgegenstände in Operationssälen kommen ständig mit Infektionserregern in Kontakt. Gemeinsam mit der tschechischen Palacký-Universität Olmütz entwickelte die Empa eine umweltfreundliche und bioverträgliche Oberflächenbeschichtung aus Kunststoff, die Keime durch Bestrahlung zuverlässig abtötet. Das Material kann immer wieder aktiviert werden.
Heiss und radikal
Mit dem neuen Material erfolgt der Kampf gegen Viren und Bakterien auf eine ganz andere Art. Resistenzen können keine mehr entstehen. «Das neue Material ist so konzipiert, dass Mikroorganismen lokal und schnell abgetötet werden», erklärt Empa-Forscher Giacomo Reina vom «Nanomaterials in Health» Labor in St. Gallen. Das Grundgerüst besteht aus Polyvinylalkohol, einem bioverträglichen Kunststoff.
Darin wird eigens synthetisierte Graphensäure eingebettet, die aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften bestens als antimikrobielle Beschichtung geeignet ist. Die volle Wirksamkeit entfaltet sich bei Bestrahlung mit Nahinfrarot-Licht durch eine Doppelstrategie. Die Strahlungsenergie wird in keimtötente Hitze umgewandelt und durch den Prozess entstehende Sauerstoffradikale schädigen die Krankheitserreger zusätzlich.
Rotlicht in der Mundhöhle
Zusammen mit dem Zentrum für Zahnmedizin der Universität Zürich arbeiten die Entwickler an einer Zahnschiene, die Mikroorganismen in der Mundhöhle abtötet. «Die Keimflora im Mund ist ein besonders unangenehmer Gegner im Kampf gegen Infektionserreger. Dort tummeln sich komplexe Gemeinschaften von Bakterien in unzugänglichen Nischen, eingebettet in eine selbst produzierte schleimige Matrix.
Antibiotika und Desinfektionsmittel durchdringen diese widerstandsfähigen Biofilme kaum. So können die Keime ungehindert Zähne ruinieren oder sogar zu ausgedehnten Infektionen im Körper führen.» Die in der Mundhöhle fixierte Schiene kann bei Bedarf immer wieder durch Licht aktiviert werden.
Zukunftsfonds
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