Die Hochschule Luzern hat im AI Report 2025 untersucht, wie Schweizer Unternehmen Künstliche Intelligenz (KI) nutzen. Die Ergebnisse zeichnen ein ambivalentes Bild: Einerseits wächst die Anwendung rasant, andererseits bestehen erhebliche Hürden. Für die Schweiz geht es dabei um nicht weniger als ihre Position im globalen Wettbewerb.

Laut Studie setzen inzwischen 48 Prozent der Firmen in der Schweiz KI in irgendeiner Form ein – ein Plus von fast 10 Prozentpunkten gegenüber 2023. Damit ist KI vom Schlagwort zur Realität geworden. Eingesetzt wird sie vor allem dort, wo schnelle Effizienzgewinne winken: in der Prozessoptimierung, im Marketing oder bei Datenanalysen. Chatbots übernehmen Kundenanfragen, Algorithmen optimieren Lieferketten oder erkennen Abweichungen in Finanzströmen. Erste Pilotprojekte mit generativer KI zeigen zudem, dass auch Content-Erstellung oder Softwareentwicklung zunehmend automatisiert werden können.

Die Investitionsbereitschaft ist so hoch wie nie: Mehr als die Hälfte der Unternehmen plant für die nächsten Jahre konkrete Budgets für KI-Projekte. Auffällig ist jedoch, dass viele Firmen vorerst auf Standardlösungen grosser Anbieter setzen, um schnell einzusteigen. Mittel- bis langfristig wird sich aber die Frage stellen, ob und wie viel eigene KI-Expertise aufgebaut werden muss, um sich von der Konkurrenz abzuheben und Abhängigkeiten zu vermeiden.

Arbeitsmarkt im Umbruch
Der KI-Boom schlägt sich deutlich auf dem Arbeitsmarkt nieder. Im Schnitt werden jeden Monat über 400 neue KI-Stellen ausgeschrieben. Besonders gefragt sind Data Engineers, Data Scientists, Machine-Learning-Spezialisten und Datenanalysten. Gesucht werden nicht nur Grundkenntnisse, sondern vertiefte Kompetenzen in Datenbanken, Cloud-Computing, Statistik und Natural Language Processing.

 

Geografisch zeigt sich ein klares Muster: Zürich ist mit rund 1’700 ausgeschriebenen Jobs das unangefochtene Zentrum. Dahinter folgen Genf, Bern, Basel und Zug. Letzterer fällt durch seine hohe Dichte an Tech- und Blockchain-Unternehmen auf. Für Bewerbende bedeutet das: Der Markt ist hart umkämpft, und oft werden mehrstufige Auswahlverfahren mit technischen Fallstudien verlangt.

Hürden und Risiken
Trotz des Aufschwungs benennt die Studie eine Reihe von Stolpersteinen:

  • Datenqualität: Nur acht Prozent der Unternehmen verfügen über saubere, konsistente Datenbestände. Viele Projekte scheitern daran, dass Daten in Silos liegen oder unzureichend aufbereitet sind.
  • Systemintegration: Zwei Drittel der Firmen kämpfen mit der Anbindung von KI-Lösungen an bestehende IT-Systeme. Ohne nahtlose Schnittstellen bleibt der Nutzen gering.
  • Datenschutz und Sicherheit: Rund die Hälfte der Unternehmen hat Bedenken, insbesondere beim Umgang mit sensiblen Kunden- oder Gesundheitsdaten. Standards wie ISO 27001 sind noch wenig verbreitet.
  • Fachkräftemangel: In fast 40 Prozent der Firmen fehlt ein ausgewiesener KI-Spezialist. Weiterbildungsangebote sind ebenfalls dünn gesät – nur jedes zehnte Unternehmen setzt auf verpflichtende Trainings.
  • Kultur und Akzeptanz: Zwar lehnen nur wenige Mitarbeitende KI kategorisch ab, doch fast die Hälfte der Unternehmen berichtet von Zurückhaltung und Unsicherheit im Team. Hier sind Change-Management und transparente Kommunikation gefragt.

Chancen für Branchen
Besonders dynamisch zeigt sich die Entwicklung in der IT- und Finanzbranche, die den KI-Arbeitsmarkt dominieren. Auch in Pharma, Chemie und Beratung entstehen neue Anwendungen – von prädiktiver Wartung in der Produktion über personalisierte Medikamentenentwicklung bis hin zu automatisierten Risikoanalysen in Versicherungen. Für klassische Branchen wie Industrie, Gesundheitswesen oder Recht liegt das Potenzial noch weitgehend brach. Wer hier früh investiert, könnte sich Wettbewerbsvorteile sichern.

Wirtschaftliche Bedeutung für die Schweiz
Die Befunde haben weitreichende Implikationen:

  • Wettbewerbsfähigkeit: KI wird zu einem produktiven Faktor wie Kapital oder Arbeit. Firmen, die früh investieren, sichern sich klare Vorteile. Bleiben andere zurück, droht ein Auseinanderdriften zwischen Vorreitern und Nachzüglern.
  • Innovationskraft: Derzeit nutzen viele Unternehmen KI vor allem zur Effizienzsteigerung. Das erhöht die Produktivität, reicht aber nicht aus, um neue Geschäftsmodelle hervorzubringen. Die Schweiz muss aufpassen, nicht nur bei inkrementellen Verbesserungen mitzuhalten, sondern auch disruptive Innovationen zu fördern.
  • Internationale Vergleichbarkeit: Global gilt die Schweiz als attraktiver KI-Standort, doch Studien zeigen, dass Unternehmen hierzulande vorsichtiger agieren als in den USA oder Teilen der EU. Wer zu lange abwartet, riskiert den Anschluss zu verlieren.
  • Risiken: Neben der Abhängigkeit von ausländischen Plattformen droht eine Spaltung zwischen Grossunternehmen und KMU. Zudem könnte der Arbeitsmarkt unter Druck geraten, wenn nicht genügend Weiterbildungsangebote für die breite Belegschaft geschaffen werden.

Die Schweiz steht an einem Scheideweg. Die Grundlagen – starke Hochschulen, internationale Tech-Konzerne, innovative Start-ups – sind vorhanden. Doch ohne klare Strategien, Investitionen in Datenqualität und konsequente Ausbildung droht ein Rückstand gegenüber dynamischeren Märkten. Wer jetzt handelt, kann KI nicht nur als Werkzeug, sondern als Motor nachhaltiger Wettbewerbsfähigkeit nutzen.

Über den Swiss AI Report

Der Swiss AI Jobs Report 2025 ist eine datengestützte Studie des Applied AI Center der Hochschule Luzern (HSLU) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsmarkt-Forschungsfirma x28 und der Local AI Community LAC. Er analysiert den Schweizer KI-Stellenmarkt auf Basis von 4’703 Stellenanzeigen mit KI-Jobbeschreibungen, die zwischen Juli 2024 und Juni 2025 erfasst wurden. Der Bericht bietet einen detaillierten Einblick in die gefragtesten KI-Jobprofile, die wichtigsten Branchen und die am stärksten nachgefragten Kompetenzen.

Download der Studie

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