Am 31. Oktober ‚19 ging diese mit der norwegischen Kultband Madrugada und dem Rock-Gewitter der Mannen um „Meh Dräck“-Chris Von Rohr – KROKUS – zu Ende. Zuvor herrschte seit dem zwölften des selben Monats ein bunt gemischstes Konzertprogramm aus aktuelleren Musikanten und ebenso altgedienten Recken.
So wurde die Konzertserie gleich an zwei Abenden von den aus dem Leben gegriffen unter die Haut fahrenden und reflektierenden Texten des Herbert Grönemeyer eröffnet, dessen Bands schon immer auch musikalisch überzeugten. Wogegen dessen eher gepresste und forcierte Stimme zwischen Anhängern und Ablehnern ebenso lange zu polarisieren vermag – kaum austauschbar und eindringlich ist sie allemal.
Die weiblichen „opener“ zu Herbert wurden an dessen erstem Abend von der gemäss Altmeister Elton John „die Zukunft repräsentierenden, leichtfüssig-sanften Pop-Stimme mit Lounge-Jazz am Piano“ namens Jazz Morley bestimmt. Und am zweiten „Herby’s“ vom mit starker Stimme in unterschiedlichen Tonlagen und mit treibenden Beats untermalten Mitsing-Pop Alice Mertons bestritten. So ist ihr Hit „No Roots“ denn auch ein Dauerbrenner auf sämtlichen Playlists!
Der dritte Abend war mit dem aktuell grössten US-Country-Star Brad Paisley sodann traditionell sattem, prallen und schnörkellosen Genre gewidmet. Ihm heizten die zwei Schwestern mit Namen Ward Thomas ein, welche die Countryszene in und aus England heraus neu aufmischen. Ihre Intonierungen erinnern teilweise an die Dixie Chicks aus Dallas in Texas, vermögen qualitativ allerdings nicht an letztere heran zu gelangen…
Michael Patrick Kelly, der einst 1994 bereits als 15-jähriger den „lift off“-Hit „An Angel“ für die ehemaligen Strassenmusikusse namens Kelly Family schrieb, mit welchem letztere plötzlich und rasant in die internationalen Charts katapultiert wurde und ein Jahr später vor Tausenden an Fans in ausverkauften Stadien spielte, trat am vierten BS-Abend auf: Nach persönlichem Rückzug aus Familie und Oeffentlichkeit, hatte er eine Kehrtwende als Mönch in einem katholischen Kloster im französischen Burgund begangen sowie vier Jahre lang Philosophie und ein Jahr Theologie studiert. In der Stille entdeckte er die Liebe zur Musik danach neu und trat – vorerst fern vom Rampenlicht – als Solokünstler für gute Zwecke auf. Es folgten Auftritte als Juror in TV-Casting-Shows, in welche er wegen seines musikalischen Backgrounds gebeten worden war. Offensichtlich geläutert veröffentlichte er 2017 mit gereifter Identität das erfolgreiche Album „iD“ und nahm die Zuhörer am Mittwoch, 16. Okt. ‚19 in Basel auf eine neue klangvolle Reise mit.
Als „opening act“ fungierte der norddeutsche Wincent Weiss, der lieber mittels magischer Songs, als mit Schlagzeilen spricht – und mit Michael Patrick Kelly bereits in der TV-Sendung „Sing meinen Song“ zu hören und sehen war: Der stille Poet singt authentisch immer mit Gefühl und einer Botschaft.
Die Thematik des Donnerstag-Abend, 17.10.’19, gehörte bei der Baloise Session der aktuellen Soul- und Blues-Szene: Mit Rag’n’Bone Man beeindruckten keineswegs nur dessen kolossaler Körperbau, sondern vielmehr seine seit Monaten landauf und landab in den Charts gespielten Hits wie „Human“ und „Skin“: Die ihm eigene Stimme ergreift den Zuhörer im tiefsten Innern mit einer Art Seelenbeben. Angeheizt wurde dieser Abend vom mit subtilen Sounds und sexy Soul faszinierenden Raphael Saadiq: Der Top-Neo-Soul-Musikant und Ex-Prince-Gefährte kreiert magische Klangsphären zum Abheben.
Den Ausklang der ersten Woche bestritten am Freitag, 18. Okt. ‚19, im Rahmen der Baloise Session die fünf Schweizer Hitparadenstürmer namens Hecht, für welche Musik eigentlich ein Hobby (sic!…) geblieben ist: Mit ihnen werde offenbar jedes Konzert zu einer Party, sie scheinen seit bald 8 Jahren die Lieblinge der Nation. Tatsächlich lüpfige Lieder mit witzigen Texten, jedoch kompositorisch mit Verlaub eher trivialer Machart…
Dagegen dürften 77 Bombay Street im Vorprogramm als bunter Kulturmix aus Basel, Australien und Graubünden mit ihren Ohrwürmern „grenzenlosen Charmes“ „in corpore“ und „live“ genauso wie auf ihren Studio-Alben begeistert haben. Wenngleich sich einige Journalisten und Redaktoren bei der einige Wochen vor Beginn der Baloise Session abgehaltenen Medieninformation angesichts der akustisch mit nur 2 Mitgliedern der Band erfolgten Einlage gefragt hatten, ob der Harmonie-Gesang derselben im Studio wohl gedoppelt oder gar vervierfacht würde? Dermassen dünn kamen die Stimmchen der an die Pressekonferenz entsandten beiden Abkömmlinge nämlich daher…
Nach einer verdienten Woche Pause, ging es dann aber freitags, 25.10.’19, mit der verführerischen Stimme von DIDO weiter, welche vor Jahren mit ihrem „statement“, sie benötige „jeden Tag am besten mehrmals Sex“ (mithin der Traum jeden Mannes und/oder jeder Gespielin?…) Aufsehen erregte… Da war sie nach 15 Jahren Bühnenabstinenz jedenfalls wieder, diese klare, sanfte und entspannte Stimme, welche einst von Plattenboss Clive Davis persönlich entdeckt wurde, der u.a. Janis Joplin, Patti Smith, Whitney Houston und Alicia Keys entdeckt hatte: Mit neuen Songs, zeitlosem Charme und ihrer Liebe zu kleinen, intimen Vorkommnissen…
Als Vorband Lighthouse Family mit „Weichspüler“-Songs, aber immerhin gefälligen à la „Lifted“, „Goodbye Heartbreak“ und „Lovin’ Every Minute“ bekannt geworden; sie haben im Juli ‚19 mit „Blue Sky in your Head“ und 13 Tracks ein neues Album aufgelegt.
Abermals, jedoch kurze Pause bis Dienstag, 29. 10. ‚19, an welchem Konzertbesucher mit Michael Kiwanuka und der korpulenten Brittany Howard beehrt wurden. Erst-benannter lehnt sich stilistisch an die Epoche von Curtis Mayfield, Marvin Gaye, Van Morrison und Konsorten an, bleibt dabei positiverweise aber dennoch eigenständig; die zweite steht gesanglich renommierten schwarzen Soul Queens in nichts nach, spielt erst noch ganz passabel Rhythmus-Gitarre und weiss eine verlässlich starke, blues-jazzige Combo inklusive zwei stimmgewaltigen, ebenso schwarzen Chor-Sängerinnen hinter sich: Für viele Konzertgänger wohl die Ueberraschung des Abends!
Tags d’rauf am 30. 10. ‚19 dann die nordirischen Snow Patrol mit höchst melodiös berührenden, Gänsehaut erzeugenden Pop-Hymnen: Charaktervolles „easy listening“ mit Stil und Klasse für leicht melancholische Abende alleine oder zu zweit vor dem Cheminée! Für den Autoren dieses Beitrages zumindest mit ihren aktuelleren Songs DIE Neuentdeckung, weshalb er sich deren bislang letzten Tonträger „Wildness“ bestimmt ‚reinziehen wird: Wenngleich offenbar unter psychischem Schmerz entstanden – oder gerade deshalb – Châpeau an die Jungs!
Im Vorprogramm selben Abends war der Schotte Tom Walker mit seinem Celtic Singer-Songwriting zu hören, was am besten mit dessen Hit «Leave A Light On» nachzuvollziehen ist: Zweifellos starke Melodien und eine ergreifende Stimme!
Tja, und dann war per Donnerstag, 31. Oktober ’19 mit Norwegens Kultband Madrugada und dem langzeitlich offenbar erfolgreichsten Schweizer Rock-Export-act Krokus auch schon das konzertant fulminante Finale der Baloise Session ’19 d’ran. Die Songs ersterer verfügen zwar über guten Drive, klingen jedoch eintönig, weil sie auf simplen Leerakkorden der Gitarre und unsicherem Lead-Gesang im unteren Oktavbereich beruhen. Trotz banaler Akkorde sollen die Augen des Gitarristen-ständig auf den Hals seines Instrumentes gerichtet gewesen sein, weshalb Madrugada als Ausrede für mangelhafte Instrumentalfertigkeit bestimmt das Cliché «reduced to the max» für sich Anspruch nehmen dürften. „Scharlatane“, nennt man solche Zeitgenossen im Volksmund…
Und zum endgültigen Abschluss der Baloise Session ‚19 dann Krokus: Wie gehabt bei sämtlichen Hard-, noch mehr Heavy Metal-Combos, bringt auch bei diesen seit je her pure Lautstärke mehr als bloss die halbe Miete ein. Hierzu müssen die Röhren-Amps mit ihren Boxen – die Hälfte zur Reserve auf „stand by“-Schaltung, wie man längst weiss – veritabel krachen. Womit quasi schon automatisch die Ueberzeugungsarbeit bei den Headbangern im Fan-Publikum geleistet ist. Der Rest bestand einerseits aus solider RhythmSection von Drummer Flavio Mezzodi und „Meh Dräck“-Chris von Rohr (letzter nach einiges früher erst-erfolgtem Ausstieg u.a. kritischer Autor des Buches „Hunde wollt’ Ihr ewig rocken?“!…), andererseits dem verzerrtem Gewitter des Rhythmus-Gitarristen Mark Kohler. Sowie notabene den beiden Lead-Gitarreros Fernando von Arb (auch Gründungsmitglied der Band) und dem versiert-virtuosen, visuell nach wie vor wie ein Jungspund wirkenden Kanada-Schweizer Mandy Meyer, welcher sich die Sporen u.a. längst bei international renommierten Top-Bands wie ASIA (mit Carl Palmer/ELP, King Crimson, usw.), Gotthard ((für 5 Alben & ausgedehnten Europa- und US-Tourneen), Ashton (Ashton, Gardner, Dyke; John Lord = DeepPurple/Whitesnake sowie wirklich genialer Rock-Symphonie-Komponist/Arrangeur, usw.), sowie vielen eigenen Solo-Tonträgern)) abverdient hatte. „And – last but not least of course“ den forciert-gepressten Schrei-Attacken von Lead-Sänder Marc Storace in Manier von Brian Johnson (AC/DC). Nach mit Konfettikanonen cool inszeniertem Schlussakt wurde die Band mit Standing Ovations verabschiedet.