Laut BFH müssen alternative Lösungen für Solarstrom her. Symbolbild: Unsplash/Zbynek Burival

Forschende der Berner Fachhochschule BFH haben ein Diskussionspapier zur Integration von Solarstrom ins Schweizer Netz veröffentlicht. Sie fordern darin alternative Lösungen und nehmen verschiedene Akteure in die Pflicht.

Die zunehmende Anzahl an PV-Anlagen stellt für die Stabilität des Stromnetzes eine Herausforderung dar. Welche Lösungsansätze es anstelle eines kostspieligen Netzausbaus gibt, stellen Forschende des Labors für Photovoltaiksysteme der Berner Fachhochschule BFH in einem Diskussionspapier vor.

Die Energiestrategie 2050 der Schweiz setzt unter anderem auf den starken Ausbau der erneuerbaren Energien. Den Grossteil davon soll die Photovoltaik (PV) ausmachen. Die vorgesehene Leistung aller PV-Anlagen (rund 40-50 GW) würde das Stromnetz während Leistungsspitzen aber überlasten. Deshalb wird oftmals von der Notwendigkeit eines Netzausbaus gesprochen.

Ein Netzausbau ist jedoch kosten- und zeitaufwändig, wie die Berner Fachhochschule BFH in einer Mitteilung schreibt. Zudem löse er das Problem, dass es zeitgleich zu Produktionsspitzen von PV-Anlagen in der Schweiz zu einem Überangebot von Solarstrom in ganz Europa komme, nicht. Somit könnten die Leistungsspitzen vom Stromnetz nicht aufgenommen und voraussichtlich mangels Abnehmer auch nicht exportiert werden, prognostiziert die BFH. Forschende liefern nun in einem Diskussionspapier alternative Lösungsvorschläge, wie die Netzintegration von grossen Mengen Solarstrom auch ohne Netzausbau gelingen könnte.

Rahmenbedingungen müssen angepasst werden

In ihrem Diskussionspapier schreiben die Forschenden, dass ein Grossteil des Solarstroms in intelligenten, dezentralen Systemen aufgenommen werden könnte. Dazu gehörten zum Beispiel Batteriespeicher oder Elektroautos. Entsprechende Produkte und Lösungen seien am Markt verfügbar und würden in verschiedenen Projekten seit vielen Jahren eingesetzt. Damit diese Systeme jedoch zuverlässig die Stromnetze entlasteten beziehungsweise einen PV-Zubau ohne zusätzliche übermässige Netzbelastung ermöglichten, müssen laut den Forschenden insbesondere zwei Rahmenbedingungen angepasst werden: So müsse erstens der absolute Einspeisevorrang von Solarstrom relativiert werden. Das heisst, es dürfe kein Recht geben, energetisch wenig relevante, aber für das Gesamtsystem herausfordernde und unwirtschaftliche Leistungsspitzen ins Netz einzuspeisen. Zweitens müssten Netzbetreiber und Regulator laut den BFH-Forschenden dezentrale, flexible Systeme erlauben und im Rahmen eines angemessenen Anreizsystems zu netzdienlichem Verhalten motivieren.

Umsetzung kann beginnen

Die Frage, wie der Netzanschluss von PV-Anlagen bei einem hohen Anteil von Solarstrom gelingt, betreffe verschiedene Stakeholder wie die Verteilnetzbetreiber und Installationsfirmen, aber auch Betreibende von PV-Anlagen und die Politik. Das Diskussionspapier mit den möglichen Lösungsansätzen wurde Vertreterinnen aller Stakeholder vorgelegt, so dass deren Rückmeldungen einfliessen konnten. In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden weitere Rückmeldungen aus den beteiligten Branchen einholen. Sie wollen sich der Diskussion der Netzintegration stellen, weitere Erfahrungen und Best-Practice-Beispiele sammeln und damit eine überarbeitete, noch breiter abgestützte Version des Diskussionspapiers veröffentlichen.

Das Diskussionspapier ist im Rahmen des nationalen Forschungsprojekts SWEET EDGE entstanden. Das übergeordnete Ziel von SWEET EDGE ist es, die künftigen Energiesysteme für die Städte, das Mittelland und die alpinen Regionen zu modellieren und die damit einhergehenden Herausforderungen zu identifizieren und soweit möglich mit Handlungsempfehlungen zu beantworten.