Sylvia Michel mit Rasta
Sylvia Michel mit einem ihrer liebsten Motive: ihrem Hund Rasta.

Die Schweizer Fotografin Sylvia Michel hat mit ihrem Bild «Erleuchtet» den Swiss National Award bei den Sony World Photography Awards 2018 gewonnen. Im Interview spricht die Winterthurerin über ihre liebsten Motive und ihre neu entdeckte Nähe zur Natur.

Sylvia, du bist DJane und Fotografin. Wie kam es dazu?
Beides entstand aus dem Lustprinzip heraus: Ich bin grosser Musikfan und musste schon als Teenager immer alle Alben haben, die mir gefielen. Aus dieser Leidenschaft für die Musik hat sich meine Tätigkeit als DJane entwickelt. Mit der Fotografie habe ich ebenfalls im Teenager-Alter begonnen, dieses Hobby dann aber wieder aus den Augen verloren. Als DJane habe ich auf Hochzeiten aber viel freie Zeit. Also habe ich irgendwann angefangen, die Kamera mitzunehmen und zu fotografieren. Die Bilder habe ich den Gästen weitergegeben. So hat sich meine Tätigkeit als Fotografin entwickelt.

Mit welcher Kamera fotografierst du?
Ich habe eine Nikon D850, werde jetzt aber sicher die Sony Alpha 7 II ausprobieren, die ich im Rahmen der Sony World Photography Awards gewonnen habe. Ich suche gerade nach einer leichten Foto-Ausrüstung. Vielleicht eignet sich die Sony-Kamera als Alternative, da ich oft mit meinem Hund Rasta in alpinen Gebieten unterwegs bin. Dann achte ich darauf, dass ich nicht zu schwer tragen muss – obwohl ich am liebsten immer zehn Objektive dabei hätte.

Wieso hast du bei den Sony World Photography Awards mitgemacht?
Ich versuche, regelmässig an grossen Wettbewerben teilzunehmen. Bei den Sony World Photography Awards habe ich mir aber keine grossen Hoffnungen gemacht. Typisch bescheidene Schweizerin dachte ich: «Meine Bildchen aus der Schweiz will vermutlich niemand sehen.»

Du hast falsch gelegen. Was hast du gedacht, als du gewonnen hast?
Als ich die Mail bekam, dachte ich zuerst, es sei eine Spam-Nachricht. Auf Nachfragen wurde mir bestätigt, dass ich tatsächlich gewonnen habe. Mir wurde da erst so richtig bewusst, wie gross die Sony World Photography Awards sind. Umso cooler fand ich den Sieg.

Gewinnerbild von Sylvia Michel an den Sony World Photography Awards
Mit dem Bild „Erleuchtet“ hat Sylvia Michel den Swiss National Award bei den Sony World Photography Awards 2018 gewonnen.

Was sind deine nächsten fotografischen Ziele?
Grundsätzlich ist es mein Ziel, mit dem Fotografieren weiterzumachen und vor allem Freude daran zu haben, dass ich diese Leidenschaft ausleben darf. Und dann stecke ich mir immer wieder kleinere Ziele. Jetzt zum Beispiel bin ich gerade am Seealpsee, weil ich ein Bild im Kopf habe, dass ich hier unbedingt machen möchte. Ich war sicher schon zwanzig Mal hier – aber es braucht halt immer einige Versuche, bis man das Bild mit der richtigen Stimmung im Kasten hat.

Du fotografierst Hochzeitspaare, Wohnungen, Bäume, … Welches Motiv magst du am liebsten?
Wohnungen fotografiere ich sehr gerne. Ich habe die Berufslehre bei einer Liegenschaftsverwaltung gemacht. Schon damals habe ich gesagt: «Wenn es einen Job gäbe, bei dem ich Wohnungen anschauen kann – das wär’s.» Grundsätzlich fotografiere ich aber alles gerne, das Emotionen in mir auslöst. Und meinen Hund Rasta. Er ist ein sehr dankbares Motiv und lässt sich gerne fotografieren. Dass er oft auf meinen Fotos zu sehen ist, entstand aus der Not heraus: Fotografen sind häufig mit Freunden unterwegs, die als Motiv herhalten können. Ich fotografiere oft unter der Woche, wenn andere arbeiten. Deshalb ist der Hund mein Model.

Worauf achtest du beim Fotografieren besonders?
Das Einfangen des Moments ist für mich wichtiger als die Perfektion. Ich verzichte lieber einmal auf ein Stativ und fotografiere aus der Hand – mit dem Risiko, dass das Bild nicht perfekt ist – statt den passenden Moment zu verpassen. Und ich bin beim Fotografieren gerne alleine – wenn zu viele Fotografen dasselbe Sujet fotografieren, ist das nichts für mich.

Wo würdest du am liebsten Mal noch fotografieren?
Ich finde, beim Fotografieren kommt es nicht so darauf an, wo man ist. Wenn man die Augen aufmacht, sieht man an jedem Ort etwas Schönes. Natürlich will man als Fotograf zum Beispiel mal nach Island, um Vulkane zu fotografieren. Aber ich bin schon ein «Schweizer Mädchen» und versuche, dieses Land der Welt zu zeigen. Hier gibt es genauso schöne Landschaften wie anderswo – vielleicht sogar noch schönere.

Wer ist dein fotografisches Vorbild?
Max Rive mag ich beispielsweise sehr. Seine Bilder haben etwas Düsteres und Dramatisches – das gefällt mir gut. Aber es gibt ganz viele fantastische Fotografen.

Zu guter Letzt: Welchen Einfluss hat die Fotografie auf dich?
In den letzten Jahren habe ich die Natur aus den Augen verloren. Durch das Fotografieren bin ich ihr wieder nähergekommen. Das finde ich sehr wertvoll.