Empa-Forscherin Agnes Psikuta positioniert Manikin «HVAC» für die Datenmessung in der Klimakammer. Bild: Empa
Empa-Forscherin Agnes Psikuta positioniert Manikin «HVAC» für die Datenmessung in der Klimakammer. Bild: Empa

Mit smarten Dummies, Sensortechnologie und mathematischen Modellen sollen Arbeitsplätze auf Wohlfühltemperatur gebracht und Patienten im OP-Saal vor kalten Füssen verschont werden.

An heissen Sommertagen heizen sich schlecht isolierte und unbeschattete Räume schnell auf. Ab 26° Raumtemperatur wird es unangenehm. Bei noch höheren Temperaturen werden auch wenig anstrengende Tätigkeiten wie Büroarbeiten zur Belastung.

Klimaanlagen verbrauchen in der Schweiz etwa eine Milliarde Kilowattstunden Strom. EMPA-Forscherin Agnes Psikuta untersucht, ob die gewünschte Kühlung überhaupt erzielt werden kann. Gebäude sollen nachhaltiger klimatisiert und die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Menschen erhalten bleiben.

Mit den smarten Dummies ANDI und HVAC (Heating, Ventilation, Air Conditioning) vermisst sie das Raumklima und bringt mit Sensortechnologie und mathematischen Modellen die Arbeitsplätze auf Wohlfühltemperatur. HVAC ist mit Sensoren für Lufttemperatur, Feuchtigkeit und Luftbewegung ausgerüstet. 46 Messfelder durchbrechen die Kunststoffschale des Manikins, mit denen er die Wärmestrahlung aus der Umgebung quantifiziert und Sonnenwärme von Heizungsluft unterscheiden kann.

Komfortzone

HVACs Partner ANDI nimmt die Wärmebilanz auf, die ein Mensch unter den gegebenen Bedingungen hat. Dazu hält er seine Betriebstemperatur konstant auf 34 Grad, was der Hauttemperatur eines Menschen in der Komfortzone entspricht. Komfortzone bedeutet, dass der Körper eines gesunden Erwachsenen seine Kerntemperatur von 36.5 – 37.5 mit minimalem Aufwand konstant halten kann. Der Mensch schwitzt nicht, zittert nicht vor Kälte und friert nicht an Händen und Füssen, weil er seine thermische Balance mit Leichtigkeit aufrechterhalten kann.

Die Auswertung aller Daten ergibt ein virtuelles thermisches Modell eines Menschen am Arbeitsplatz. In einem vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten Projekt untersucht Agnes Psikuta gemeinsam mit Partnerinstituten an der EPFL und der polnischen «Silesian University of Technology» wie «HVAC» und «ANDI» mit den Parametern von realen Bürobedingungen im Jahreszeitverlauf zurechtkommen. Aufgrund dieser Arbeiten will man den Energiebedarf von Gebäuden zu optimieren.

 

Suboptimale Klimaanlagen

Im Hochsommer wird mit Klimaanlagen nicht optimal gekühlt und Energie verschwendet. Die Auswirkungen auf den einzelnen Arbeitsplatz sind unklar. Bauliche Elemente direkt am Arbeitsplatz wie kühlende Wandpaneele oder ventilierte Bürostühle könnten für energiesparendere und effizientere Lösungen sorgen. Für die Winterperiode könnten HVAC und ANDI ermitteln, ob eine Raumtemperatur von 17 Grad ausreicht, wenn der Arbeitsplatz lokal auf 22 Grad beheizt ist.

Die klimatische Komfortzone am Arbeitsplatz ist unterschiedlich. Für experimentelle Untersuchungen gehen die Empa-Forschenden für Büroräume von einer Temperatur von 22 Grad bei 50% Luftfeuchtigkeit aus. Die gesetzlichen Vorgaben geben einen Rahmen zwischen 20.5 und 26.5 Grad für Büros an, abhängig von der Aussentemperatur. (Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz, Staatsekretariat für Wirtschaft SECO)

 

Gefährliche Unterkühlung

Die Wärmebildkamera macht es sichtbar: Der Körper des Manikin «HVAC» (gelb-orange) wird mit einer OP-Lampe auf wohlige Temperaturen gewärmt, während die Umgebung (violett) kühl bleibt. Bild: Empa

Die beiden Manikins sind auch auf dem OP-Tisch im Einsatz. Während eines mehrstündigen Eingriffs ist es wichtig, dass der Körper des Patienten nicht zu stark auskühlt und die Chirurgen sollten nicht schwitzen. Ein schwer lösbares Dilemma. «Bisherige Möglichkeiten, den Patienten warm genug zu halten, bestehen allerdings aus wenig nachhaltigen Einweglösungen oder umständlichen, schwer desinfizierbaren Aufbauten», erklärt Agnes Psikuta.

In einem Projekt wird mit HVAC und ANDI untersucht, wie leicht zu desinfizierende Infrarotlampen im OP- Saal positioniert werden müssen, ohne die komplexen räumlichen Gegebenheiten während des Eingriffs zu behindern. Die Wärmestrahlung darf aber das Personal nicht aufheizen oder Hautverbrennungen beim Patienten hervorrufen.

 

Hightech-Bekleidung und Schutz für Feuerwehrleute

Während HVAC mit seinen Sensoren den Wärmefluss von der Lampe zum Körper misst, berechnet ANDI die gesamte Wärmebilanz eines Patienten inklusive der aktuellen Raumtemperatur. «Mit den modellierten Daten soll die Position und Leistung der Wärmelampen für verschiedenste Situationen ermittelt werden», sagt die Empa-Forscherin. «So hoffen wir, ideale Operationsbedingungen ohne Risiko einer Unterkühlung schaffen zu können.»

Die mit Sensoren vollgepackten Manikins testen und optimieren Schutzausrüstungen für die Feuerwehr. Die Schwitzpuppe «SAM» («Sweating Agile thermal Manikin») führt sportliche Betätigungen aus und simuliert mit 125 Wasserdüsen die Schweissabsonderungen eines Menschen. Empa-Forschende und ihre Industriepartner entwickeln bereits atmungsaktive Textilien.