Der Online-Einkauf auch von Lebensmitteln wird immer beliebter.
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Grosse Potenziale bietet der Online-Vertrieb für grosse Player im Lebensmittelhandel, doch die Vergangenheit offenbarte immense Herausforderungen. Marco Cerqui, CEO von Bring!, über die Chancen des Online-Food-Handels und warum on- und offline einhergehen müssen.

Amazon, ebay und Co. machen es vor, und der Lebensmittelhandel zieht nach und lernt: Die Branchenriesen um Amazon, eBay und Co. streichen jährlich das Gros des Umsatzes des E-Commerce ein. Das belegt auch eine Studie von EHI Retail Institut und Statista, die besagt, dass dieser Anteil bei über 44 Prozent allein in Deutschland liegt. Wohlgemerkt vorrangig im Non-Food-Bereich – eine Chance also für Lebensmittelketten? Schnell arbeiteten die Entscheider verstärkt an Digital-Strategien, um möglichst zeitnah Wettbewerbsvorteile auszuspielen. Doch brachte diese Ausrichtung den gewünschten Erfolg? Kaufland stellte am 23. Dezember den Lieferservice ein, bei dem Kunden online Lebensmittel nach Hause bestellen konnten. Der Grund dafür lag laut eigenen Aussagen in der Wirtschaftlichkeit. Auch LIDL hatte Probleme die Logistik- und Haltungskosten zu decken und konzentriert sich im Online-Geschäft nun auf Non-Food-Artikel. Rewe hingegen bleibt der Digital-Strategie treu und baut die Sparte weiter aus. Sogar die Idee eines deutschlandweiten Abholservices steht im Raum.

Storytelling auch im Food-Bereich etablieren

Was im E-Commerce ganzheitlich zieht, bestimmt folglich auch den Food-Bereich. Vor allem das Thema Emotional Commerce prägt den erfolgreichen Online-Handel. Vorteil wie auch Herausforderung für den Lebensmittelhandel ist die Abbildung einer enormen Produktauswahl. Und: Die Händler stützen sich mittlerweile auch auf den Non-Food-Bereich und bieten saisonale Gebrauchsgegenstände an. Hier liegt es daran, das Shopping-Erlebnis für den Verbraucher so bequem und zeitsparend wie möglich zu gestalten. Online-Produktkataloge reichen nicht aus. Der Shop-Besucher muss emotionalisiert werden – für die Produkte und daraus resultierend für das Unternehmen. Im Internet ist die Webseite der digitale Shopping-Begleiter. «Storytelling» ist hier eine Lösung: Der Online-Shop muss die Geschichte, die Herkunft des Produkts erzählen und zudem zusätzliches Informationsmaterial, auch in Form von u.a. audiovisuellen Medien, bereitstellen. Auf diesem Weg kann der Einkäufer eine Verbindung zum Produkt aufbauen und für den Kaufimpuls sorgen. Sobald der Nutzer merkt, dass er alle notwendigen Informationen an einem Ort findet, wird er zum Käufer – egal ob online oder offline.

Individuelles Einkaufserlebnis und künstliche Intelligenz als Chance

Der Shop muss nicht nur emotional, sondern auch funktional überzeugen. An einem leicht bedienbaren Interface bei stabiler Performance führt kein Weg vorbei. Aber es gibt mehr Möglichkeiten: Während der Gast-Einkauf – also ohne Login – möglich sein sollte, können Lebensmittelhändler auch mit einem User-Bereich punkten. Und hier spielt das Thema Individualität eine wesentliche Rolle. Schon allein basierend auf der Geschlechts- und Altersangabe des Nutzers oder dem bereits gefüllten Warenkorb lassen sich passende Produktvorschläge individuell anzeigen. Gleiches gilt für aktuelle Verkaufsschlager oder saisonale Artikel. Bei Individualität wird auch das Thema künstliche Intelligenz fortan immer wichtiger. Denn das System hinter dem Shop des Lebensmittelhändlers muss lernen, was den Käufer interessiert und erkennen, wann der Bedarf nach bestimmten Produkten vorhanden ist.

Der erste Eindruck zählt: Keine Retouren

Retouren sind im Lebensmittelhandel bei Online-Bestellungen kaum möglich. Das heisst der Händler muss direkt überzeugen, beim ersten Shop-Besuch und bei der ersten Lieferung. Ob da der Wegfall von Liefergebühren auf Dauer die Rentabilität eines Food-Online-Shops rechnet und zur Attraktivität ausreichend beiträgt, ist zu bezweifeln. Es geht schlichtweg darum, möglichst grosse Absatzmengen mit entsprechendem Profit zu generieren. Lebensmittelketten probierten sich am Onlinevertrieb und scheiterten meist – dennoch ist es nicht zu spät noch einmal digitale Wege in Angriff zu nehmen. In Zukunft wird es wichtig sein, On- und Offline-Handel im Foodbereich zu verknüpfen und die Margen auf diesem Weg zu erhöhen. Amazons Food-Lieferservice macht mit Sicherheit noch keine grossen Gewinne, profitiert aber noch von den hohen Umsätzen der Non-Food-Artikel – möglich, dass der Internetriese bald auch den Lebensmittelhandel prägt. Um den Wettbewerb anzunehmen, liegt es folglich an den Entscheidern in der Lebensmittelbranche, eine Brücke vom digitalen zum stationären Geschäft zu bauen. Doch nur wenn das Online-Konzept nachhaltig konzipiert und umgesetzt wird, ist der Erfolg absehbar, nicht nur im Shop, sondern auch im Supermarkt an Kasse vier.