Das Markgräfliche Opernhaus (Foto Jean-Pierre Reinle)

…mit fränkischer Schweiz inklusive Fichtelgebirge sowie Wagner, Weizen, Wilhelmine und dem „Einbürgerungstest Bierwanderung“: Die geschichtsträchtige Hochkultur Bayreuths bietet für sämtliche Besuchende zahlreich bezaubernde Aspekte. 

„Dank“ einiger Unterbrüche technischer Störungen und zum Schluss auf Grund nur eingleisiger Befahrbarkeit hinter einer anderen Bahn von Zürich nach München herfahrend, erwischen wir eben den nächst-möglichen Anschlusszug nach Nürnberg und von dort aus nach Bayreuth/D: Als wir nach der kleinen Odyssee endlich an Ort eintreffen, haben die deutschen Teilnehmer unserer Mediengruppe den Lunch im Restaurant Oskar am Markt bereits hinter sich.

Das in Blei gegossene Stadt-Relief Bayreuth’s (Bild jpr)

Ein Spaziergang durch die historische Altstadt verleiht uns im Anschluss daran einen ersten Ueberblick zum vom zweiten Weltkrieg verschont gebliebenen Städtchen. Die Komponisten klassischer Werke wie vorab Richard WAGNER, aber ebenso Franz LISZT und leider auch Hitler „lassen grüssen“… Faszinierend die Klavierwelt Bayreuths in der Manufaktur des Steingraeber Hauses: In dessen drei Auswahlsälen mit allen Flügelgrössen erwarten etwa im historischen Rokokosaal (1754) am Liszt-Flügel von 1873 oder an neuen Steingraeber Konzertflügeln im Flügelhaus interessierte PianistenInnen aus aller Welt. Alternatives Richard-Wagner-Theater ist im angeschlossen überdachten Hoftheater zu erleben und die Klaviermanufaktur für individuelle Gestaltung der Klavierbaumeister des Hauses schliessen das Areal ab http://www.steingraeber.de .

Der obere Teil des Orchestergrabens im Festspielhaus Bayreuth’s (Foto jpr)

Um 18.00 Uhr fahren wir zur Besichtigung des Festspielhauses ausserhalb der City, wo uns die einzigartige Akustik dank an linken und rechten Wänden verwendeten, leichten Holzmaterialien in Goldsäulen-Optik, vor allem jedoch mit galerie-artig mehrstufig durchdachtem Orchestergraben begeisternd zu überzeugen wissen: Der Autor dieser Zeilen verwendet das Wort „genial“ nahezu nie, aber hier ist es absolut angebracht! Und in den Kellerräumlichkeiten des selben Festspielhauses lädt die Ausstellung „Verstummte Stimmen“ zur Betrachtung all der weltweit berühmten, noch lebenden und verstorbenen Dirigenten mit gerade noch nur einer noch aktiven Dirigentin ein. Weshalb die äusserst talentierte und attraktive Schweizer Musikwissenschafterin Lena-Lisa Wüstendörfer, vor wenigen Jahren noch jüngste Dirigentin Europas, die Präsenz einer weiteren Fachfrau klassischer Musik in Bayreuth zumindest etwas anheben könnte!…

Der untere Teil des Orchestergrabens (Bild jpr)
(Bild jpr)

Unter dem Motto „Ein Tag in der Welt der Wilhelmine“ geht’s tag’s d’rauf zunächst zum Markgräflichen Opernhaus. Als Theatermonument von Weltrang ist dieses das besterhaltene Beispiel eines freistehend barocken Hoftheaters. Vorbild waren die grössten Opernhäuser der Zeit Wien’s und Dresden’s. 2012 wurde es als einzigartiges Monument der Fest- und Musikkultur des 18. Jahrhunderts von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes der Menschheit eingetragen. Treibende Kraft hinter dem Ausnahmeprojekt war Markgräfin Wilhelmine von Brandenburg-Bayreuth (1709-1758). Als wichtigsten Schauplatz ihrer höfischen Repräsentation wählte die preussische Königstochter und Lieblingsschwester Friedrichs des Grossen die Oper. Musikalisch und künstlerisch hochbegabt, verfasste sie selbst Libretti, komponierte und versammelte ein internationales Ensemble italienischer SängerInnen am Bayreuther Hof. Dank der von 2013 bis 2018 durchgeführten umfassenden Restaurierung konnte der Eindruck der ursprünglichen Farbigkeit des Logenhauses wiedergewonnen werden: Die barocke Malerei erzeugt mit zahlreich illusionistischen Effekten ein überwältigendes Raumerlebnis. Am Vormittag unseres Besuchs wurden unter launig witzigen Vorträgen der Lokal-Prominenz das bekannte Welterbe-Informationszentrum und das Opernhausmuseum eröffnet und anschliessend mit einem Apéro riche gefeiert! http://www.bayreuth-wilhelmine.de .

Eine gute Stunde d’rauf dann Lunch mit deftig fränkischen Spezialitäten zum hervorragenden, an Ort nicht bitter gebrauten Spitzenbier (als Regierungsbezirk Oberfranken hätte dieses mit Hauptstadt Bayreuth offenbar die höchste Brauereidichte der Welt – und falls nicht wahr, dann immerhin gut erfunden…) im rustikalen, jahrhundertealten Wirtshaus mit grünem Biergarten in der Gaststätte Wolffenzacher : Z.B. mit badischem, weissen Dick-Spargel (in Umkehrung zu anderen Gemüsen je dicker, je zarter!) und zwei würzigen Schweinswürsten, auf deren Rezeptur die Bayreuther stolz sind.

Es folgt die Besichtigung des Neuen Schlosses , welches mit Hofgarten ebenso auf Wunsch und Initierung von Wilhelmine erbaut worden war. Sie selbst wirkte dabei als Innenausstatterin von Spiegelscherbenkabinett und Musikzimmer. Und im Appartement des Markgrafen im südlichen Flügel ist gar das bedeutendste Raumkunstwerk des Bayreuther Rokoko des 18. Jahrhunderts in Form des Palmenzimmers mit kostbarer Nussholzvertäfelung und vergoldeten Palmen zu bewundern!

Die Eremitage mit historischer Parkanlage (Schlösser, Grotten, Wasserspiele) – (Foto jpr)

Im Anschluss daran fahren wir per E-Bikes in die Eremitage , wo wir die historische Parkanlage mit Schlössern, Grotten und Wasserspielen inspizieren. Der einstige Rückzugsort vor den Toren der Stadt entwickelte sich unter Markgräfin Wilhelmine zu einem der prächtigsten, herrlich verspielten und prunkvoll höfischen Parks weit und breit. Da Eremitage „Einsiedelei“ bedeutet ahmten Markgraf Georg Wilhelm und sein Hof das einsam einfache Leben eines Eremitenordens nach: Man/n kleidete sich in Mönchskutten, schlief in kahlen Zellen und ass mit Holzlöffeln. 1735 schenkte Markgraf Friedrich das gesamte Terrain seiner frisch angetrauten Frau Wilhelmine. Bloss war das einfache Leben ihre Sache nicht. Unter ihrer Hand wurde aus dem Alten Schloss ein barockes Sommerschlösschen mit prunkvoller Innenausstattung, Japanischem Kabinett, Musikzimmer und Chinesischem Spiegelscherbenkabinett, in welchem Wilhelmine später ihre Memoiren schrieb. Selbst die riesigen Parkanlagen mit Wasserspielen und künstlichen Ruinen im Hofgarten sind vor allem ihr Werk.

Später dürfen wir ab 19.00 Uhr ein gepflegtes Essen aus gehobener cross-over-Küche mit mediterranem Touch geniessen, welches vom aufmerksamen und sympathischen Chef de Service vorab mit Abend-Empfehlungen herzlich aufgenommen und hernach trödelfrei serviert wird: info@doetzers.de (keine Website), Sophienstrasse 22, D-9544 Bayreuth.

Tja, und schon bricht auch wieder der dritte und letzte Tag, bzw. Vormittag der kurzen Medienreise an, indem wir zum Haus Wahnfried gefahren werden. Nach fünfjähriger Sanierung, vollständiger Neugestaltung und baulicher Erweiterung wurde das seit 1976 bestehende Museum mit Richard Wagners ehemaligem Wohnhaus „Wahnfried“ im Zentrum 2015 wiedereröffnet. Seither präsentiert sich das Museum mit Dauerausstellungen. In der Schatzkammer des Untergeschosses können Besuchende die Arbeitsweise Wagners bis zur vollendeten Partitur nachvollziehen: Besonders spannend die sog. „Interaktive Partitur“ im Nebenraum, wo unterschiedliche Aspekte der Rückverwandlung des Notentextes in Klang und Musik zum Erlebnis werden! http://www.wagnermuseum.de

Notenblatt von Richard Wagner (Foto jpr)

Ca. ab 12.30 findet unser Mittagessen auf dem sonnigen Gastro-Garten samt Wasserfall des Wirtshaus‘ Maisel’s, das zur Bierbrauerei selben Namens gehört, als willkommener Abschluss statt. Das Bier wird dort direkt vor den Augen der Gäste gebraut und das Interieur der Lokalität ist in „coolem“ Pechschwarz gehalten: Nicht unbedingt reinigungsfreundlich zwar, dafür überzeugen der Service der jungen, herzlichen Servier-„Crew“ und die internationalen Leicht-Gerichte à la HUMUS (libanesische Kichererbsen-Mousse) und Konsorten.

Humus mit Maisel’s Bier (Foto jpr)

http://www.liebesbier.de  – http://www.maiselandfriends.com