Susan Meiselas wird im Rahmen eingangs vermerkter Awards 2025 mit dem renommierten Preis für herausragende Leistungen der Fotografie ausgezeichnet. Damit wird ihr Einfluss gewürdigt, welchen sie vergangene fünf Jahrzehnte auf das Medium Fotografie ausgeübt hatte.
Meiselas hat mit ausserordentlich engagierter Herangehensweise ein beeindruckendes Gesamtwerk geschaffen, das mit aussagekräftigen Porträts von Menschen in unterschiedlichsten Gemeinschaften neue Perspektiven für die Dokumentarfotografie eröffnete. Sie ist berühmt für ihre Reportagen über Frauen – von heranwachsenden Mädchen in Little Italy New Yorks, über Stripperinnen auf Jahrmärkten in Neuengland bis und mit Frauen im Vereinigten Königreich, die häuslicher Gewalt entflohen sind.
Bekannt sind ebenso Meiselas Dokumentationen zu Menschenrechtsfragen in Lateinamerika und ihre fotografische Geschichte Kurdistans. Ihre Fotoessays sind stark lokal verwurzelt und zeugen vom Leben sowie Erfahrungen derer, die sie ablichtet. Langfristig angelegt, werden oft an Ort erstellte Notizen sowie Aussagen der Protagonisten:innen begleitet und laden zur Kooperation ein.
Im Somerset House zu London werden vom 17. April bis 5. Mai 2025 Auszüge aus fünf Projekten von Susan Meiselas zu sehen sein; darunter auch solche, welche bis dato noch nie im Vereinigten Königreich gezeigt wurden. Die Ausstellung spannt einen Bogen von Meiselas frühesten Serien – 44 Irving Street, Prince Street Girls und Carnival Strippers – zu ihren späteren Projekten Pandora’s Box und A Room of their Own. Dabei zeichnet die Ausstellung thematische Elemente nach, die in Meiselas Arbeiten häufig wiederkehren, und fokussiert besonders auf das, was der Öffentlichkeit oft verborgen bleibt.
Die im Somerset House gezeigten Serien dokumentieren Austausch und zwischenmenschliche Beziehungen, welche die Fotografin über die Jahre hinweg gepflegt hat: So lud Meiselas etwa für 44 Irving Street (’71) die Zimmernachbar:innen ihres Wohnheims dazu ein, über die Unterschiede zwischen ihrer Selbstwahrnehmung und dem zu schreiben, was die Porträts zeigten, die sie von ihnen angefertigt hatte. Print Street Girls (1975-1990) wiederum zeichnet die Dynamik einer Gruppe heranwachsender junger Mädchen in Little Italy nach und verfolgt deren Entwicklung bis ins Erwachsenenalter hinein.
Carnival Strippers (1972-75) entstand auf Jahrmärkten in Neuengland und beleuchtet Erfahrungen von Striptease-Tänzerinnen auf und jenseits der Bühne. Von den Show-Manager:innen über die Frauen auf der Bühne bis hin zu den Männern im Publikum, gewährt das Projekt Einblick in Auftritte wie Privatleben der Tänzerinnen und stellt den Bildern eine Collage von Stimmen aller Beteiligten gegenüber. Die immersive Projektion Pandora’s Box (1995) widmet sich einem SM-Club in New York City, der als „Disneyland of Domination“ bekannt ist. In A Room of Their Own (2015-2017) richtet Meiselas ihr Objektiv auf ein Frauenhaus im englischen Black Country. Um deren Identität sowohl Ausdruck zu verleihen wie diese ebenso zu schützen, verbindet sie Fotos von den Zimmern der Bewohnerinnen mit Aussagen und eigenen Kunstwerken der geflohenen Frauen.
1948 in Baltimore, USA, geboren, absolvierte Susan Meiselas an der Harvard University ein Master-Studium der visuellen Kommunikation und arbeitete anschliessend als Lehrerin. In den Sommerferien begann sie zu fotografieren und realisierte in den Sommersaisons ’72-’75 ihr erstes Projekt Carnival Strippers. 1976 wurde sie Mitglied der Fotoagentur Magnum und hat seither eine Reihe bedeutender Werkkomplexe geschaffen. So sind etwa ihre Fotos von der Revolution in Nicaragua Ende der 1970-er-Jahre selbst lange danach noch im öffentlichen Bewusstsein höchst präsent.
Susan Meiselas bei der Preisübergabe: „Es ist eine Ehre für mich, diese Auszeichnung für meinen Beitrag zur unaufhörlich wachsenden Welt der Fotografie zu erhalten. Vergangene 50 Jahre über hatte ich das Privileg mitzuerleben, wie Geschichte geschrieben wurde, und am oft unbeachteten Leben derer teilzuhaben, die dazu beigetragen haben. Die Arbeiten daraus laden zum Nachdenken ein – nicht nur zu den Bildern selbst, sondern ebenso zu den Beziehungen, welche sie geprägt und inspiriert haben.“
Der Preis für herausragende Leistungen der Fotografie würdigt die Schöpfer:innen der bahnbrechendst fotografischen Arbeiten unserer Zeit. Als 18. Preisträgerin reiht sich Susan Meiselas in eine Liste ikonischer Persönlichkeiten ein, darunter Mary Ellen Mark (’14), Martin Parr (’17), Graciela Iturbide (’21), Edward Burtynsky (’22) und Sebastiao Salgado (’24).
Susan Meiselas wird ihren Preis am 16. April 2025 bei der alljährlichen Gala in London in Empfang nehmen, bei welcher die Gesamtsieger:innen der Sony World Photography Awards ’25 geehrt werden.