Die beiden Fraunhofer Institute IEG und ISI und d-fine kamen in einer Energieanalyse zum Ergebnis, dass die EU bei einer Optimierung von Investitionen in die Energieinfrastruktur der EU bis 2050 über eine halbe Billion Euro einsparen und ein resilientes Energiesystem aufbauen kann. Diese Studie wurde im Auftrag der Denkfabrik Agora Energiewende durchgeführt.

Durch eine Integration der Infrastrukturplanung und Optimierung der Investitionen können europäische Länder zwischen 2030 und 2050 ihre Kosten für das Energiesystem um über 560 Milliarden Euro senken. Wenn noch Reservekraftwerke vermieden werden, steigen die Einsparungen auf 750 Milliarden.

Diese Ziele können erreicht werden durch Effizienzgewinne bei der Energieinfrastrukturplanung und wenn Investitionen dorthin gelenkt werden, wo sie den höchsten Nutzen bringen. «Wenn wir die Akteure in den Sektoren Gebäudewärme, Industrieprozesswärme und Verkehr erfolgreich mit elektrischer Energie und die Grundstoffindustrie mit stofflichen Energieträgern versorgen, hätten wir die
Weichen gestellt, um unsere Wirtschaft und unser Energiesystem resilient, effizient, CO2-frei und zukunftsfest aufzustellen», erläutert Prof. Mario Ragwitz, Leiter des Fraunhofer IEG und Mitautor der Studie.

Ganzheitlicher Modellierungsansatz

Das Fraunhofer-Modell integriert mehrere Energieträger und geografische Ebenen in einer ganzheitlichenbOptimierung und zeigt sektorübergreifende Synergien und Effizienzen auf. Die bisherigen Planungsmethoden sind oft fragmentiert, sektoral und national ausgerichtet. Durch eine ganzheitliche europäische Betrachtung und Zusammenarbeit resultieren enorme Einsparungen.

Ein integriertes Szenario erfordert 505 GW weniger Reservekapazität, 15 Prozent weniger Onshore-Windkapazität und 9 Prozent weniger Wasserstoffelektrolysekapazität. Voraussetzung ist ein schnellerer Ausbau erneuerbarer Energien und dadurch der Ersatz fossiler Brennstoffe. Die Studie berücksichtigt bereits die steigende Energienachfrage mit konservativen Annahmen. Das Modell identifiziert Lösungen für Strom-, Wasserstoff-, Gas- und CO₂-Infrastrukturen auf Übertragungsebeneb innerhalb der Szenariooptimierungen. Investitionen in das Stromnetz haben in allen Szenarien Priorität.

 

«Fit for 55»

Schon in der EU-Strategie «Fit for 55» wird die Rolle der Elektrifizierung bei der Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft hervorgehoben. Der Bedarf an fossilen Gasleitungen wird sinken und durch optimierte Infrastruktur für Wasserstoff und Kohlendioxid ersetzt. Für die Transformation ins neue Energiezeitalter braucht es die rasche Elektrifizierung von Endverbrauchssektoren wie Verkehr und Gebäudewärme und Niedertemperatur-Prozesswärme in der Industrie.

Durch europaweit geeignete Massnahmen müssen vorrangige Investitionen definiert werden, um eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung des europäischen Weges zu einem resilienten, effizienten und klimaneutralen Energiesystem spielen zu können. «Um die Vorteile eines integrierten Ansatzes für die Infrastrukturplanung zu erschliessen, braucht es eine integrierte, transparente Modellierung auf europäischer Ebene über Energieträger und Sektoren hinweg», so Mario Ragwitz.

Energetische Vision und Koordination

Für Europa braucht es eine klare Vision des Energiesystems und eine Bottom-up-Infrastrukturplanung der Netzentwicklungspläne. Mit diesem Ansatz können die Bereiche identifiziert werden, in denen Investitionen erforderlich sind. Durch eine stärkere europäische Marktintegration kann sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten und Anrainer wie Norwegen und Grossbritannien die kollektiven Vorteile eines integrierten
Energiesystems nutzen können. Die nationalen Regierungen erhalten wertvolle bInformationen über Systemkosten und -nutzen. Die verbesserte Sichtbarkeit der Daten ermöglicht eine bessere europäische Koordination und eine effektivere und günstigere Energiewende.