Nicht nur für Musikuse, Musikanten und Musiker eine begeisternde Biografie!

Gölä gehört nun auch schon länger zu den erfolgreichsten Musikanten der Schweiz. Als solcher füllt er Konzerthallen und Stadien, welche vor seiner Zeit stets «nur» mit international bekanntesten «acts» ausverkauft waren. Mittlerweile gehören Songs wie «Schwan», «Uf u dervo» sowie «Keini Träne meh» zum einheimischen Volksliedgut. Dem war keineswegs schon immer so…

…, was Autor Dänu Wisler mit Verve in Kurzgeschichten des facettenreichen Lebens des Pop-Musikers nachzeichnet. Das grosszügig bebilderte Buch erzählt die Geschichte des einfachen Buben aus Oppligen/BE sowie dessen steinigen Weg zum überwältigenden Erfolg. Im Spätherbst ’20 erschienen, verschafft es den Lesenden einen vertieften Einblick in private und bisher kaum bekannte Seiten des Songschreibers und Interpreten.

Spassig u.a. die Anekdote im kurzen Auftakt von Georges «Schöre» Müller, Gitarrist und Sänger der Berner Mundartrockband Span, der im Rahmen der «20-Jahre-Gölä-Jubiläumsshow» mit zu einer Konzert-Einlage gebeten war. Gölä bläute diesem vor jenen 3 Auftritten innert zwei Tagen zu Beginn offenbar ein: «Aber Schöre, bi üs wird de a de Shows nüüt gsoffe; es si Erfahrigswärte, dass einigi früecher mängisch scho vor dä Show nüm häsch chönä bruuchä.»

Am 6. Mai 1968 geboren, müssen Gölä wohl Jimi Hendrix mit Band, Steve Winwood, Blues-Uebervater John Mayall und Roy Wood von The Move Pate gestanden haben, welche sieben Tage zuvor (30. und 31.Mai’68) im Zürcher Hallenstadion gastierten: Sie sind als erstes Farbfoto im Buch zusammen mit dem bunten Vogel und Bassisten Noel Redding von Jimi sowie dem späteren TA-Chefredaktor Res Strehle und einer kleinen Gruppe von Fans abgelichtet, wie sie um den Brunnen am Albisriederplatz Zürichs herumstehen: Herrliche Reminiszenz pur!

Dem hervorragenden Buch-Autor Dänu Wisler sei ein Kranz gewunden! Er versteht es meisterhaft, zeitgeschichtliche Ereignisse wie die Kulminierung des Vietnam-Krieges, die Morde an Martin Luther King und Robert Kennedy sowie die ebenso 1968 weltweit agitierende Polit- und Kulturrevolte der Jugend in die Früh-Entwicklung von Kleinst-Marco Pfeuti (Gölä) einzubetten. Auch würdigt er Toni Vescoli der «Sauterelles» – die sog. «Swiss Beatles» – als «Mann der ersten Beat-Stunde». In diesem Kontext soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich Vescoli übrigens bis heute bescheiden MUSIKANT, nicht Musiker nennt; vielmehr eine korrekte Bezeichnung für die musikalisch oftmals dilettantischen Kenntnisse manch international bekannter Pop-Grösse, welche diese noch wesentlich treffender anstehen würde…

Ueberzeugend auch, wie der literatur-belesene Wisler dezente Gesellschaftskritik in Kapitel-Abschnitte einfliessen lässt. Etwa wenn er die ehemaligen ’68-er dafür persifliert, dass diese «rasch und sittsam auf ein Karriereleiterchen aufgesprungen sind, sich duckend angepasst haben und längst selbst zum ehemals als spiessig empfundenen Establishment gehören». Zudem sei Gölä «die Stimme jener, von denen man verlange, Lügen zu glauben, die jeden Morgen aufstünden und zur Arbeit gingen, damit die Rechnungen derer bezahlt würden, die inklusive Spitzenbeamten so gerne lächelnd auf roten Teppichen wandeln.»

Ueberhaupt sprühen die einzelnen Kapitel der Biografie zum Protagonisten vor bildhafter Sprache und Wort-Witz! So z.B. zur «Strategie», welche dieser gewählt hatte, um nach Jahren der jeweils aus dem Ausland abgewehrten  Marschbefehle definitiv nicht mehr ins Militär eingezogen zu werden: «Er beugte sich vor dem Gespräch mit dem Gesicht so lange über eine qualmende Zigarette, bis die Augenränder so rot waren wie die eines Batteriehuhns. Das Weisse darin glich einem gelbgrünen Tümpel.» Dann sei er ins Behandlungszimmer getreten und hätte geschrien: «Wenn ich zu den Grünmüzen muss, gibt es eine Katastrophe. Ich jage jedem eine Kugel in den Grind, der mir vor die Bückse läuft!» Worauf ein verdatterter Weisskittel als Psycho-Doc instinktiv auf unnötige Formalitäten verzichtet hätte… Oder als Gölä anstelle eines unersetzlichen Arbeitskollegen in der Auto-Spenglerei 3 Tage «Scharfen» in der Kaserne absass: «Schlafqualitativ liess das Metallbett mit dürftig dünner Matratze einige Wünsche offen. Der Rücken hing durch wie eine alte Sumpfweide  im Winter.»…

Bewundernswert zudem, wie Wisler die philosophischen Ueberzeugungen von Gölä ‘rüberbringt: «Göla hat noch nie zu den Menschen gehört, die glauben, dass jemand anderes für ihr Glück verantwortlich ist. Weder die Eltern noch ein Plattenboss noch ein Manager und schon gar nicht der Staat». Und weiter: «In einer Zeit, in welcher so viele um Gesetze, Verbote und staatliche Absicherung betteln, ist Selbstverantwortung für ihn ein Menschenrecht, das zu selbstbestimmtem Dasein gehört.» Sowie: «Gölä wäre jederzeit bereit, jemandem bei der Lösung eines Problems zu helfen, aber niemals per se zu lösen. Denn eines anderen Problems zu lösen, nimmt diesem die Selbstachtung und macht ihn abhängig. Es gibt weder eine Garantie für Glück und Zufriedenheit, noch ein Recht darauf.»

Erheiternd und spannend ebenso die von Gölä mit Freund Hofer in der Jugend erlebten und durchlittenen Abenteuer um deren Geburtsort Oppligen/BE herum, aber vor allem auch auf Reisen in Australien, Neuseeland, Amerika, Kanada, Mexiko und weiteren Destinationen, welche naiverweise keineswegs ungefährlich ausarteten, letztlich aber immerhin gut ausgingen. Oder Göläs mit schwelenden Querelen, anderen Ansichten und Missverständnissen bei seinen Eltern -vorab dem Vater – um Verständnis und Angeboten häuslichen Friedens ringenden Briefe aus dem Ausland.

Der Karriere des Hauptdarstellers gerecht werden im Buch aber vor allem die Betrachtungen zu dessen Werdegang vom Musikus zum Musikanten. «Der Weg vom Ton zum Klang, vom Geräusch zur Musik ist lang. Der Kampf gegen die menschlich eigene Trägheit, Ueberwindung von Rückschlägen nimmt kaum ein Ende und begleitet nicht nur den Pop-Musiker ein Leben lang. Und – merkwürdigerweise mit Ausnahme für DJ’s, HipHopper und RapCrapper, deren musikalischer Dilettantismus System hat und keine Grenzen kennt ((Anmerkung jpr)) – es gibt keine Abkürzungen. Das war auch bei Gölä so: Seine Anfänge waren nicht anders als bei jeder Nachwuchsband, mithin keineswegs berauschend.» So soll BLACKWOOD als Nachfolgeprojekt von DESTROYER, Marco M. «Gölä» Pfeuti’s zweite Hardrock-Band, Mitte der 90-er-Jahre anlässlich der Auftrittsreihe «Blue Monday» im «Chäs» des Restaurant Emmental aufgetreten sein. Gitarrist und Sänger der Formation war Maestro Pfeuti, «die Melodien der Band erinnerten an einen Kamikaze im Sturzflug», so Dänu Wisler satirisch. Und weiter: «Die Musikanten schienen der Ueberzeugung zu sein, dass alle Probleme der Welt vor allem auf einen Mangel an Alkohol zurückzuführen wären. Das Sound-Ergebnis war eine schmerz- und promillegrenzüberschreitende Darbietung des Schreckens. Ein Kuriositätenkabinett, bei dem niemand wusste, ob man sich in einer mittelalterlichen Folterkammer oder am Eurovision Song Contest befand»….

Wohlwissend um die Alkoholexzesse bei «Blackwood», hätten die Musiker seiner dritten Band Gölä striktes Verbot von «Freund Alki» verordnet. Denn zeitweise hätte man ihn zur berüchtigten Blackwood-Zeit an einen Pfosten binden müssen, damit er sich auf den Beinen halten konnte oder nicht alles kurz und klein schlug. Zur damaligen Zeit war eine Studio-Session auch ein Moment, in dem sich der Spreu vom Weizen trennte: Musikalische Mängel, die ein Musikant in Live-Situation auf der Bühne noch zu kaschieren vermochte, gelangten bei Studio-Aufnahmen gnadenlos als Licht… So sei es gekommen, dass der Plattenboss mit einigen Gitarren-Tracks unzufrieden war; weshalb alsbald der Ausnahme-E-Gitarrist SLÄDU an den Gitarrenlinien gefeilt hätte. Keyboarder TJ koppelte zum 1. Mal eine Aufnahmemaschine mit einem Computer, was optimierte Optionen eröffnete. Und Schlagzeuger Urs Frei hätte für einmal auf einem elektronischen Drum-Kit getrommelt.

Während der Vorbereitungszeit für die 2. Studiosession unterbreitete Gölä der Band neue Songvorschläge, worunter einer SCHWAN lautete. Obwohl er keine Ahnung hatte, welche Akkorde er dazu zupfte und sich die Begeisterung bei den Bandkollegen in Grenzen hielt, bestand erwähnter Plattenboss darauf, den Song auf den ersten Tonträger zu brennen. Charakteristisch attraktiv und berührend sodann Wislers Zeilen zur Schwelle des Erfolges unseres textenden und singenden Protagonisten beim «first take» im Studio: «Er gab alles, hielt nichts zurück, weshalb sich bereits bei den ersten Worten die Atmosphäre eines leuchtenden Sommerabends entfaltete, bei dem hinter jeder Ecke ein neues Glück oder eine nie aufhörende Umarmung zu warten schien. Gölä sang sich durch den Text und es gelang ihm auf Anhieb, die Stimmung des Songs – einen Knäuel aus Melancholie, Versöhnlichkeit und auferstandenen Träumen – zu entwirren. Mehr konnte er nicht tun.»

«Ein Jahr später, bei der Aufnahme von WILDI ROSS, hing an der getäfelten Wand des Studios die Platin-Auszeichnung des Albums UF U DERVO. Der Rest ist eine Berner Erfolgsgeschichte der Superlative; das Buch mit weiteren begeisternden Anekdoten aber noch lange nicht zu Ende – und sei deshalb nicht nur Musikanten und Musikern wärmstens empfohlen!

GÖLÄ Zigeunerherz – ISBN 978-3-03818-298-6 www.werdverlag.ch