Autor Matthias Ackeret (links) mit Starfotograf Alberto Venzago als Augusto Venzini im Roman (Bild zVg)

Nichtsahnend, damit in ein tödliches Duell hinein zu geraten, erhält der weltberühmte Fotograf Augusto Venzini eine SMS: Er wird darin aufgefordert, nach Venedig zu reisen, und gerät in eine Odysee, die mit dem Brand der Notre-Dame in Paris beginnt. Und ihren Lauf u.a. in der Harry’s Bar Venedigs nimmt, wo die Situation eskaliert und – arg verkürzt – letztlich auf der Alp Tambo ob Splügen endet.

Zum Buchinhalt in Kürze von Buchautor Matthias Ackeret gleich vorweg: «Der Roman handelt kurz vor und nach der grossen Pandemie und setzt sich mit der existenziellen Frage auseinander, wie viel Liebe ein Mann ertragen kann, um in der Jetztzeit zu überleben… Dies ist die wahre Geschichte von Augusto Venzini, dem berühmtesten Fotografen der Welt.»

Gemeint ist damit in Tat und Wahrheit der echte Starfotograf Alberto Venzago, dessen Geburtstag vom 10. Februar 2020 Anlass dazu bot, das fesselnde Buch vorerst in kleiner Runde vorzustellen. Dessen «story» handelt vom Sommer 2019, in welchem das meiste noch anders und eben auch unbeschwert lockerer war als heute. Was seit gut drei Wochen mit dem im Osten Europas traurigst wütenden Krieg in erschreckender Nähe leider erneut brutal verstärkte Aktualität erhält. Denn Ackeret nahm im Buch corona-zeitbedingt bereits im Jahre 2020 noch ein paar «kleinere Anpassungen in der Hoffnung vor, dass alles wieder so werden würde wie 2019»… Der Verfasser dieser Zeilen mag im Rahmen dieser Rezension nicht weiter auf die unter den Nägeln brennenden Kriegswirren in Nahost eingehen, hofft jedoch mit Buchautor und dem vorliegenden WebMagazin, dass raschmöglichst eine friedlichere Uebereinkunft der miteinander verwandten Nachbarländer einkehren möge!

Nun aber zum vorliegend herausragenden Werk, welchem sich rezensionsweise nur gerecht werden lässt, wenn im Laufe dessen Lektüre die rundum stets aufs Neue faszinierende Wortwahl 1:1 zitiert wird (der Verlag möge mir verzeihen), welche wahre Begeisterungsstürme bei mir auslöste. Als grosser Fabulierer vor dem Herrn versteht es Matthias Ackeret aufs Vorzüglichste, dank treffend markig formulierten Sätzen niemals Langeweile aufkommen zu lassen: Gelernt ist gelernt, und hauptberuflich längst positivst erworbene Routine, ist positiv überzeugendste Routine !

In diesem Sinne seien aus «SMS an Augusto Venzini» – weshalb nicht zeitgemässer Whatsapp, ist gleich zu Beginn des Romans nachzulesen – nachstehend auszugsweise (und um das copyright nicht zu verletzen) ein paar herausstechende Wort- und Satzwendungen in Genuss-Anlehnung an eine schaumig-leichte französische Sabayon oder ein luftiges Soufflé aufgeführt:

«Das Wassertaxi brettert durch die Lagune. Am Horizont die Silhouette Venedigs, die von der Abendsonne geküsst wird.» «…Knipser, die auf Facebook oder Instagram ihr Ego prostituieren.» «Hemingway war zwei Jahre hier, um sich zu verlieben, zu jagen und sich bei Harry’s in die vierte Sphäre zu saufen.» «George Clooney bolzte bei seiner Hochzeit ganze zwei Tage durch die Kanäle. Den Scheidungstermin wird es nicht aufhalten.»… «… Motor heult auf, Boot hebt ab und verharrt eine kurze Ewigkeit (sic) in der Höhe, bevor es ruckartig zurück auf das Wasser klatscht.» «Ein schreckliches Gewitter probte den Weltuntergang.» «Zwar mögen die Chinesen mit ihren Riesenboten die Lagune fluten…». «V. blickte für einen kurzen Moment aus seiner meteorologisch bedingten Demutshaltung auf…». «Theatralik ist die einzige Sprache, die ein Italiener versteht.» «Hinein in die Apokalypse, den Untergang des Abendlandes vor seinen Augen.» Oder: «Augusto verneigt sich, ernsthaft gerührt von all der Glorie, die auf ihn niederprasselt.» ««Der Bretone rülpst stilgerecht «Je te promets» von Johnny Hallyday.»» Und: «Al Bano – für einmal ohne Romina Power». Sowie «Glücklicherweise ist er im Hotel La Fenice und nicht im Hotel California» – eine überaus satirische Metapher für Lesende, welche die Text-Bedeutung des letzteren Songs der Eagles (US-Southern Rock-Band) kennen…

«Kaum in Italien, schwärmt er von der Italianità, freut sich über jeden verspäteten Zug und jeden defekten Fahrstuhl.», als sarkastische Anmerkung! «Nicht einmal ein Kreuzfahrtschiff voller Chinesen ist zu sehen.» ««Manchmal nimmt er seine beiden Lieblingszeitschriften, «Weltwoche» und «Du» von zu Hause mit, da diese nicht auf der Plüsch-Linie liegen.»» «Leichter DJ-Chewie-Sound.»… «In Bern leben die Beamten. Sollte die Schweiz wirklich einmal untergehen, überleben diese.»… Und nach Trennung der holden Juliana von Dr. iur. Beat Pestalozzi satirisch: «… der Phantomschmerz war nicht totzukriegen.» Oder: «Das menschliche Leben ist eine Aneinanderreihung sinnloser Schlachten.» «Die Erde bebt, als würde die Invasion der Normandie nachgespielt.» ««Dass Clooney seine Hochzeit nicht im Belmond Cipriani verbrachte, sprach nicht gegen das Hotel.»» Und auch mit dem Seitenhieb «Und bald schon würde er den amerikanischen Präsidenten und die ganze MeToo-Bewegung überleben.» Oder «Einige Feministinnen, die mit einer Petition eine Frauenstatue auf dem Campo Santi Giovanni e Paolo forderten.»…  «Die deutsche Kanzlerin zeigte keine Rücktrittslust, in Italien weiss keiner, wer gerade regiert, und in Frankreich drängen Gelbwesten an die Futterkrippen.»

«…das i-phone ist für ihn der schleichende Tod der Fotografie.» «…irgendeine Ex-Miss eines Missen-Concours in Südbelgien…» «…die einstige Starmoderatorin des lokalen TV-Senders, die zur Spitex gewechselt hatte, …» «Herrin Sandra, Typ Yoga-Lehrerin mit Harper’s-Bazaar-Touch…» «Auch sein Lächeln, das er Joe Ackermann entlehnt und sogar dessen Sturz überlebt hatte…». «…als würde er es mit einer Q10-Verjüngungscreme von Nivea vollpumpen.»… «…und schilderte ihm ihr ganzes Leben – sturzbachähnlich.» «Der Pointenschreiber von CH-TV hatte für die Ostersendung Eier mit Meier, Hasen und Blasen gereimt; womit er sein Tagewerk vollbracht hatte und sich dank Konzessionsgelder ein Züri-Gschnätzlets vom Kalb mit Rösti leisten konnte.»(sic!…). «…grelle Obertöne bleiben wie Tomatenflecken auf weissem Brioni-Hemd haften.» «Sein Herz hämmert stakkatomässig.» Und philosophisch: «Das ganze Leben ist eine Anhäufung von Begegnungen, die einmal besser, einmal schlechter enden.»… «Dann verschwindet die venezianische Version von Pfarrer Sieber…» «…der dauerpubertierend nordkoreanische Grossvorsitzende aus einem Berner Vorort…». «…der Name Juliana war in der endlosen Taiga seines Gedächtnisses verschwunden.» «Unter dem Türrahmen Mel im weissen Udo-Jürgens-Bademantel.»

Der geneigte Leser realisiert es: Ich kann kaum aufhören mit den sich über Seiten hinweg erstreckend treffenden Zitaten, denn das gesamte Buch scheint nur so davon zu strotzen. Allesamt köstlichst und wiederholt unmittelbar mehr als bloss ein Schmunzeln hervorrufend! Vielmehr sprühen des Autoren filigrane Sätze auf 147 Seiten nur so vor lauter Sprach- und Wortwitz! Eher ungewohnt, jedoch überaus spannend auch, dass er – ausser dem Haupt-Protagonisten selbst und dem «Monsieur le Président de la République» – zahllos noch unter uns weilende, aber ebenso verblichene Prominente namentlich und süffigst erwähnt. So etwa Johnny Depp, Angelina Jolie, Alain Delon, Catherine Deneuve, Tina Turner, Heidi Klum, Cindy Crawford, Fotografin Annie Leibovitz, ADC-Präsident Frank Bodin, Gesellschaftskolumnistin Hildegard Schwaninger sowie die verstorbenen Helmut Newton, Jean-Paul Belmondo, Françoise Sagan, Joe Dassin, Salvador Dali, Frank Sinatra, Jackie Kennedy, Ernest Hemingway, Solschenizyn, Tolstoy und Elvis.

Zudem integriert Ackeret in den Handlungsablauf immer ‘mal wieder bekannte Schweizer und weltweite Hotspots. Als darunter in Zürich etwa die «locations» Metropol, Kaufleuten, Kronenhalle, Theater Rigiblick, Odeon, Haifischbar, usw. vermerkt sind. Und weltweit nebst den Hauptplätzen Paris und Venedig, Ibiza, Nowosibirsk, Vietnam, Iran, Irak, China, Dubai, Kuba, NewYork, Washington, Los Angeles, etc. erwähnt werden.

Tatsächlich hab’ ich bei der Lektüre dieses leichtfüssigen Romans seit «Une année en Provence» von Peter Mayle nicht mehr so oft ganz einfach laut heraus gelacht: „SMS an Augusto Venzini“ ist Spass bereitende Belletristik «par excellence» und kann zum mit klimpernden Eiswürfeln genossenen GinTonic nur wärmstens für die bevorstehende Sommer-Saison empfohlen werden!

 

3. Auflage per Ende 2021 erschienen – 148 Seiten – im http://www.muensterverlag.ch , bei Amazon oder in den Buchhandlungen erhältlich.

Matthias Ackeret (1963) ist Verleger und Chefredaktor von «persönlich», der führenden Kommunikationszeitschrift der Schweiz. Der promovierte Jurist veröffentlichte die Sachbuchbestseller «Das Blocher-Prinzip» und «Die Glückssucherin». Des Weiteren publizierte er die vielbeachteten Romane «Die ganze Welt ist Ballermann – Karten an Martin Walser» (mit Manfred Klemann), «Der Hammermann», «Elvis» und zuletzt «Eden Roc». Er lebt in Zürich.