Quelle: Swissgrid.
Quelle: Swissgrid.

Der Einbezug der Schweiz in die Kapazitätsberechnung für grenzüberschreitenden Stromhandel in Zentraleuropa verbessert die Netzstabilität, ersetzt aber kein Stromabkommen.

Die Schweiz wird künftig in die Kapazitätsberechnung für den grenzüberschreitenden Stromhandel in Zentraleuropa einbezogen. Swissgrid und die Übertragungsnetzbetreiber der Region «Core» haben einen entsprechenden privatrechtlichen Vertrag unterzeichnet. Dieser regelt die Bestimmung der Grenzkapazitäten an den Schweizer Nordgrenzen. Die Regulierungsbehörden der beteiligten Länder haben die Methodik im Oktober 2024 genehmigt.

Swissgrid und die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom haben in den langjährigen Verhandlungen eng zusammengearbeitet und konnten diese nun zu einem erfolgreichen Abschluss bringen. Diese privatrechtlichen Verträge sind allerdings kein Ersatz für ein Stromabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Die Methodik, die dem Vertrag zu Grunde liegt, muss jährlich einstimmig von den Regulatoren neu genehmigt werden. Der Abschluss eines Stromabkommens mit der EU bleibt daher unabdingbar.

 

Kapazitätsberechnungsprozesse

In einem Vertrag auf privatrechtlicher Basis haben sich Swissgrid und die Übertragungsnetzbetreiber der Region «Core» auf eine Methodik geeinigt, wie die Schweiz in den Kapazitätsberechnungsprozessen für grenzüberschreitenden Stromhandel berücksichtigt werden soll. Der Prozess gibt vor, wie die Kapazitäten (englisch: Net Transfer Capacity, NTC) an den Grenzen mit Frankreich, Deutschland und Österreich für den Stromimport und -export im Day-ahead-Markt festgelegt werden. Die Verhandlungen begannen im Jahr 2020. Die Freigabe des Vertrags erfolgte Anfang 2024, gefolgt vom Genehmigungsprozess der Core-Regulatoren.

Dank der Integration der Schweiz in die Kapazitätsberechnungsprozesse kann Swissgrid die physischen Stromflüsse durch die Schweiz besser kontrollieren. Das erhöht die Netzstabilität. Die Belastungsgrenzen der Elemente des Schweizer Übertragungsnetzes werden angemessen berücksichtigt. Das ist wichtig, da Strom physikalisch immer den Weg des geringsten Widerstands nimmt, unabhängig von am Markt vereinbarten Handelsgeschäften. Der aus Handelsgeschäften in der EU resultierende Stromfluss nimmt demnach oft den Weg durch die Schweiz, ohne Berücksichtigung der technischen Limiten des Schweizer Höchstspannungsnetzes.

 

Was prioritäre Ziel ist

Swissgrid arbeitet mit den europäischen Übertragungsnetzbetreibern zusammen. Dazu schliesst die Übertragungsnetzbetreiberin zu technischen Aspekten innerhalb ihres Verantwortungsbereichs Verträge ab. Für eine langfristige Gewährleistung der Netz- und Versorgungssicherheit der Schweiz reichen derartige Verträge aber nicht aus. Die Grundlage für privatrechtliche Verträge bezüglich Einbezugs der Schweiz in die Kapazitätsberechnung ist ein Schreiben der EU-Kommission, allerdings ohne, dass eine Abschlusspflicht für Übertragungsnetzbetreiber im EU-Recht vorgesehen wäre.

Die Verträge können deshalb jederzeit aus politischen Gründen zurückgezogen oder angefochten werden. Sie müssen ausserdem jährlich erneuert werden, wofür die Zustimmung aller Übertragungsnetzbetreiber und Regulatoren der betroffenen Länder notwendig ist. Die Einstimmigkeit kann auch an sachfremden Gründen scheitern. Zudem umfassen solche Verträge nicht alle wichtigen Aspekte des Netzbetriebs, beispielsweise den Einbezug in europäische Regelenergieplattformen.

Nur ein Stromabkommen integriert die Schweiz in den europäischen Strombinnenmarkt, ermöglicht den Akteuren den uneingeschränkten Zugang und stärkt den sicheren und stabilen Betrieb des Übertragungsnetzes sowie die Importfähigkeit der Schweiz