Die Resultate der diesjährigen Gemeindeumfrage von Myni Gmeind, dem Schweizerischen Gemeindeverband (SGV) und der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) besagen, dass viele Schweizer Gemeinden nur unzureichend gegen Cyberrisiken aufgestellt sind.

 

Mit 621 teilnehmenden Gemeinden liegt die Rücklaufquote bei erfreulichen knapp 30 Prozent. «Dass fast ein Drittel aller Schweizer Gemeinden an der Umfrage teilgenommen hat, zeigt, wie gross das Interesse am Thema ist – aber auch, wie gross die Verunsicherung in diesem Bereich ist», sagt Claudia Kratochvil-Hametner, Direktorin des SGV. «Gerade in einer Zeit, in der Verwaltungen vermehrt zur Zielscheibe von Cyberangriffen werden, braucht es mehr Orientierung, mehr Unterstützung und mehr Zusammenarbeit.»

Und die Umfrage bestätigt: Fast 60 Prozent der befragten Gemeinden schätzt sich bei der Digitalisierung als „Nachzügler“ ein, und jede 30. Gemeinde gibt gar an, den Anschluss verpasst zu haben. An der Bedeutung, die die Gemeinden der IT-Sicherheit und der Digitalisierung beimessen, liegt dies allerdings nicht: Die beiden Themen rangieren auf den Plätzen drei und vier der wichtigsten kommunalen Themen, direkt hinter der Infrastruktur und den Finanzen.

 

Cybersicherheit beginnt beim Inventar

Besonders beunruhigend ist die Lage bei der grundlegenden Systemübersicht: Rund ein Drittel der Gemeinden in der Deutschschweiz – und nahezu die Hälfte in der Romandie und im Tessin – geben an, keine oder nur lückenhafte Inventare ihrer IT-Systeme zu führen. Doch nur wer weiss, was er besitzt, kann es auch schützen. «Cybersicherheit fängt nicht erst bei der Firewall an, sondern beim Verständnis für das Gesamte», betont Alex Sollberger, Präsident von Myni Gmeind. «Viele Gemeinden sind auf IT-Dienstleister angewiesen – umso wichtiger ist es, dass sie selbst Verantwortung übernehmen, ihre Mitarbeitenden gezielt schulen und sich als lernende Organisation verstehen. Gleichzeitig müssen auch die Dienstleister stärker in die Pflicht genommen werden.»

Etwas mehr als die Hälfte der befragten Gemeinden verfügen über Notfallpläne. Doch gerade für die Sicherung systemrelevanter Leistungen wie Energie oder Wasser reicht dies nicht aus. Auch beim Risikomanagement herrscht Nachholbedarf: Nur jede zweite Gemeinde analysiert Risiken systematisch und leitet präventive Massnahmen ab. Erschwerend kommt hinzu, dass vielerorts das Wissen fehlt: Rund 50 Prozent der Gemeinden in der Deutsch- und Westschweiz verfügen über Schulungsangebote zur Cybersicherheit – im Tessin sind es nur 21 Prozent. Dabei ist das sicherheitsbewusste Verhalten der Mitarbeitenden ein zentraler Pfeiler der Cybersicherheit.

 

Grosser Unterstützungsbedarf

Die Umfrage zeigt auch: Zahlreiche Gemeinden wünschen sich vermehrt Unterstützung durch externe Fachpersonen. Ungedeckter Unterstützungsbedarf besteht vor allem beim Risikomanagement (60 Prozent), bei der Erstellung von Cybersicherheitsvorgaben (59 Prozent), bei Schulungen (59 Prozent) und bei der Ausarbeitung von Notfallplänen (58 Prozent).

Angesichts dieser Zahlen stellt sich die Frage, ob gesetzlich vorgegebene Standards künftig einen stärkeren Rahmen setzen sollten – insbesondere dort, wo Ressourcen und Fachwissen fehlen. «Der SGV wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Gemeinden die notwendige Unterstützung erhalten», sagt Claudia Kratochvil-Hametner, und erwähnt als Beispiel die monatlichen Online-Erfa-Stammtische, bei denen der SGV, der Verein Myni Gmeind und die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) verschiedene Digitalisierungs-Themen vertiefen. «Wir befürworten standardisierte Lösungen – diese müssen aber praktikabel und finanzierbar sein.»

Derweil brachte die Umfrage durchaus auch Positives zutage. So verbinden die meisten Gemeinden mit der Digitalisierung klar erkennbare Chancen – sei es zur Effizienzsteigerung, zur Verbesserung der Dienstleistungen gegenüber der Bevölkerung und Wirtschaft, oder zur Stärkung der Kommunikation mit den Einwohnerinnen und Einwohnern. «Die Umfrage zeigt deutlich: Die Gemeinden wollen vorwärts machen, aber sie brauchen dazu die richtigen Instrumente und Partner», fasst Alex Sollberger zusammen. «Es ist höchste Zeit, dass Cybersicherheit zur Selbstverständlichkeit wird – wie der Brandschutz im Gemeindehaus.»