Weingut Schipf, Herrliberg

Im Schipfgut Herrliberg empfängt Kaspar von Meyenburg Weinfreunde mit offenen Armen. „Offene Keller“ lautet bekanntlich die Tradition jeweils zu Beginn Mai in den Zürcher Weingütern. Es bereitet dem Eigentümer sichtlich Spass, seine Weine mit den Besuchern zu degustieren. Weshalb wir uns entsprechend dahinter klemmen: Eine reiche Palette mundender Zürisee-Weine steht dazu bereit!

 

Die Tradition geht auf das 15 Jahrhundert zurück. Da wuchsen bereits Reben an den steilen, südwestlich gerichteten Schipfhalden in Herrliberg. Im 17. Und 18. Jahrhundert erbauten die in der Stadt Zürich im Seidenhandel tätigen Familien Werdmüller und Escher die stattlichen Häuser des Landgutes «Schipf» als Sommersitz. Vor über 120 Jahren ging das Gut dann in den Besitz der Familie von Meyenburg über. Kaspar von Meyenburg wurde das beschauliche Weingut 1991 von seinem Vater übertragen. Im Jahre 1994 übernahm er selbst dessen Betriebsleitung. Seit 2018 ist nunmehr Jonas David Ettlin als Önologe für die Betriebsleitung verantwortlich.

Die Weine

Heute wachsen an dieser sonnigen Lage auf 4,5 ha die Sorten Pinot Noir (Clevner), Räuschling, Riesling Silvaner sowie Spezialitäten wie Pinot Gris, Gewürztraminer, Garanoir, Freisamer und Chardonnay. Die Trauben werden in der bald 300 Jahre alten Trotte gekeltert.

Die Weissen

Im Betriebsgebäude stehen vor dem Gewölbekeller Tische und Bänke bereit, die Flaschen für die Degustation werden herumgereicht. Uns interessieren in erster Linie die Zürcher Traditionen wie der Räuschling. Ein wie zu erwartend leicht-füssiger Wein, der sich mit fein eingebundener Säure und Fruchtigkeit in die Rezeptoren von Zunge und Gaumen schmeichelt. Der Freisamer ist hingegen eine neuere Kreuzung der Reben Grauburgunder und Sylvaner, mit dem Ziel, konstante Erträge in unseren für den Weinbau bis anhin schwierigeren Klimazonen zu erbringen. Die Traube ist in Süddeutschland verbreitet, wo auch deren Züchtung gelungen ist. In der Schweiz gilt diese Rebsorte als Spezialität, welche robuste Weine hervorbringt.

Die Roten

Wir treffen hier auf eine nicht mehr praktizierte Bezeichnung, den «Clevner». Diese Volksbezeichnung des Blauburgunders oder Pinot Noir wirkt despektierlich, aber warum? Vielmehr entpuppt dieser sich bei Schipf als leicht scheinend ehrlicher Wein, der ideal zum «Zvieriplättli» passt. Des Weiteren ist bei der Pinot Noir-Spätlese 2014 die Überraschung gross: körperreich, abgerundet, fruchtig sowie u.a. Noten reifer Waldbeeren, wie wir überzeugt feststellen dürfen. Der Hausherr äussert Begeisterung über den eigenen Wein zurecht.

Ueberraschenderweise steht sodann eine Flasche „Federweiss“ mit dem Jahrgang 2001 vor uns: „Was macht denn der da, fragt sich Kaspar von Meyenburg?“ Wir schenken uns ein und erfreuen uns ausgesprochen daran, denn dieser bietet ein aussergewöhnliches, sensorisches Erlebnis! Abschliessend verkosten wir den süsslichen Strohwein 2015: Er bereitet Spass und gleichzeitig Appetit auf einen würzigen Käse – schön war’s!

Beim Verlassen des weit ausladenden Weingutes erfreut uns der Blick auf den See, die Reben und die Alpen im Hintergrund.