Lars Thomsen, Zukunftsforscher und Gründer der Denkfabrik „future matters“ und Verwaltungsratsmitglied der Juice Technology AG, gibt einen neuen Einblick in die aktuellen Entwicklungen auf dem Elektromobilitätsmarkt. Sein Fazit lautet, dass schon in einem Jahr jeder zweite neu zugelassene Wagen mit einem Elektromotor ausgestattet sein wird. Und: Das netzdienliche Laden rückt damit weiter in den Fokus.
2023 war das Jahr des Wandels. Der Markt für E-Mobilität professionalisiert sich zunehmend. Während bislang vor allem Privatkunden Elektrofahrzeuge kauften, zeigen sich nun neue Wachstumssegmente bei Firmen- und Flottenfahrzeugen und im gewerblichen Bereich. Diese neuen Marktsegmente bieten neuen Herstellern und Ladetechnologiespezialisten zahlreiche neue Chancen. Damit einhergehend gibt es eine Reihe von neuen Anwendungsszenarien, die abgedeckt werden müssen und Nutzeranforderungen, die es zu erfüllen gilt.
Lars Thomsen prognostiziert für 2024 einen weiterhin progressiv wachsenden Marktanteil von elektrischen Fahrzeugen. Aufgrund der Marktverwerfungen sowie Lieferkettenproblemen und Energiepreisschwankungen der letzten beiden Jahre ist die Entwicklung insgesamt etwas verhaltener. Der dämpfende Effekt, ausgelöst durch Zinsanstieg und Inflation, dürfte jedoch die Talsohle durchschritten haben. Die abwartende Haltung gegenüber Investitionen beschränkt sich noch auf einzelne regionale Absatzmärkte und -kanäle. Global betrachtet, gewinnt die Elektromobilität weiter an Fahrt.
Diese Entwicklung sieht future matters einzig als bedroht an, wenn ungünstige politische Massnahmen oder intensiver Lobbyeinfluss – beispielsweise seitens der Öl- und Gasindustrie – darauf abzielen, die Elektromobilität gezielt zu behindern oder zu bremsen.
Vier Trends
In nächster Zeit ist mit sinkenden Strompreisen und einer zunehmenden Verfügbarkeit von variablen Stromtarifen zu rechnen, was auf die Zunahme des Anteils der erneuerbaren Energien am Strommix zurückzuführen ist. Dies wird den Vorteil der Elektromobilität gegenüber anderen Antriebsformen weiter stärken.
Der Anteil der Elektrofahrzeuge (BEV und PHEV) an den Neuzulassungen in Europa und den USA dürfte folglich bis 2025 auf 50 % und bis 2030 auf 80 % anwachsen. Dieser Trend wird vor allem durch die zunehmende Verfügbarkeit von BEV zu attraktiven Preisen von neuen chinesischen und anderen asiatischen und US-amerikanischen E-Auto-Herstellern vorangetrieben.
BEV werden auch für gewerbliche Flotten immer wichtiger. Ihr Anteil an den Neuzulassungen wird von 10 bis 15 % auf über 45 % bis Ende 2025 ansteigen. Diesem Trend, der alle Sparten von Unternehmensflotten – von Geschäftsautos über Nutzfahrzeuge bis hin zu Mietwagen – umfasst, liegen ökologische (ESG-Verpflichtungen und CO2-Ziele) und ökonomische Überlegungen (Kosteneinsparungen durch geringere TCO) zugrunde. Man erwartet, dass in den nächsten zwei Jahren allein in die Fuhrparks von Miet- und Firmenwagenflotten mehr als 400.000 neue Elektrofahrzeuge aufgenommen werden.