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Dieser fand unter dem Titel „Pioniergeist und Unternehmertum – Gestern Heute Morgen“ neulich zum 14. Mal im GDK Rüschlikon statt, ging an das Food-Unternehmen TENZ GmbH und wurde vom neuen Jury-Mitglied Dr. Noemi Schöni des Unternehmerforums überreicht. In diesem Kontext überarbeitete dessen Vorstands-Komitee kürzlich die Teilnahmekriterien und lässt nun neu auch Startups zu.

Eröffnet wurde der Event vom grandiosen Vortrag Prof. Dr. phil. Joseph Jung’s: Als Historiker, Publizist sowie ehemaliger Geschäftsführer und Leiter Forschung der Alfred Escher Stiftung ist er nicht nur Biograph Alfred Eschers, sondern veröffentlichte Grundlegendes zur Wirtschafts- und Kulturgeschichte der Schweiz.

Jung erinnerte im Laufe seiner überaus spannenden und aufschlussreichen Rede etwa daran, dass unser Land in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein ärmliches Entwicklungsland gewesen war. Es hätte damals als einzige schweizerische Eisenbahnverbindung bloss diejenige von Zürich nach Baden gegeben… Notabene während im Rest von Europa bereits überall Eisenbahnnetze gebaut, in Amerika Tausende von Meilen im Sinne von «go west!» konstruiert wurden. Selbst das Matterhorn sei unbedeutend gewesen, weil es schlichtweg niemand gekannt hätte. «Und wer ging schon nach St. Moritz, denn dieses zählte ehemals 250 Einwohner…», so Jung. Und weiter: «Eltern waren froh, ihre Kinder nach Ravensburg/D bringen zu dürfen, weil es hier zu wenig Lebensmittel gab. In Süddeutschland konnte der Nachwuchs dann ein paar Monate lang bleiben, worauf dieser wohl genährt mit frischen Kleidern nach Hause zurückkehrte.» Junge Buben hätten sich als Kaminfeger in Mailand/I verdingen müssen, weil diese Arbeit in der Schweiz nicht hätte bezahlt werden können.

«Die Schweiz war bis ins letzte Viertel des 19. Jahrhunderts gar ein Auswanderungsland», was Jung mit dem s/w-Bild des überfüllten Decks eines Auswanderer-Schiffs illustrierte. «Rückständig, ohne Wirtschaftsraum und Binnenmarkt sowie mit miserablem Image aufgrund von auf der Flucht befindlichen Revoluzzern, welche von Europa aus als einzige unser von Armut geknechtetes Land stürmten.» Zudem hätten den Bürgern zwischen den Kantonen Hunderte von Wasser-, Brücken-, Strassen- und weiteren Zöllen das Leben erschwert. «Es gab weder Infrastruktur und Forschungsplatz, noch mit Hunderten von zirkulierenden Münzen eine Entwicklung im Finanzbereich. Auch fehlte eine Bundesregierung, weshalb jeder Kanton eine eigene «Aussenpolitik» betrieb…»

(Foto jpr)

Aber dann hätte sich 1848 über Nacht ein «swiss miracle» ereignet, indem das einst rückständige Land die europaweit modernste Verfassung erhielt, welche es unmittelbar an die Spitze des Fortschritts katapultierte. Die Schweiz wurde – wie zur selben Zeit die USA – zur Republik – inmitten von unisono Monarchien der umliegend europäischen Länder… Ermöglicht wurde dies alles vom privatwirtschaftlich ausgerichteten und engagierten Wirtschaftsführer und Staatsmann Alfred Escher, indem es diesem trotz Minderheit in nationalrätlicher Kommission gelang, bei der Schlussabstimmung die Mehrheit hinter sich zu scharren. Zum Ersten, weil der Staat damals noch kein Geld hatte (eigenes besitzt er heute noch nicht!…), zweitens da dann jeder Kanton seine eigenen Pfründe bedient und BAHNstrecken-mässigen Prioritäten favorisiert hätte. «Escher schaffte es vielmehr, sich durchzusetzen und die Mehrheit des Parlaments davon zu überzeugen, dass in sämtlichen Kantonen private Gesellschaften die Verantwortung für Bau UND Betrieb der Eisenbahnen übernehmen. Dies beinhaltete, vorab optimale Gelände-Strukturen mit so wenig wie möglich Brücken, Viadukten und Tunnels zu eruieren, da letztere allzu teuer geworden wären!». 1852 sei es los gegangen «und nur 7 Jahre später – 1860 – verfügte die Schweiz über das dichteste Bahnnetz europaweit. Und weil die Eisenbahnen zu jener Zeit hauptsächlich Industrie und Gewerbe dienten, konnte im Zuge willkommener Exporte auch die Maschinenindustrie durchstarten. Ueberhaupt wurden Bahnhöfe vorerst immer dort erbaut, wo sich letztbenannte Industriezweige mit ihren Unternehmern eingerichtet hatten – oder umgekehrt: EscherWyss in ZH, Sulzer in Winterthur, Nestlé in Vevey, BBC in Baden, LeLocle & La Chaux de fonds für Uhren, usw.. Entwickelt alles von englischen Ingenieuren, den damals besten der Welt.»

Zur Gründung und Prägung der forschenden ETH, dem Jahrhundertbauwerk Gotthard (dem damals umfangreichsten weltweit), usw.etc. – wiederum dank Alfred Escher – sei etwa auf das Buch «Das Laboratorium des Fortschritts – die Schweiz im 19. Jahrhundert» des Referenten Joseph Jung verwiesen, da dies im Rahmen vorliegender Publikation allzu weit führen würde.

Die Preisverleihung

Bei der Gründung von Unternehmen müssen die Initianten bekanntlich jeweils grösste Hürden wie hohe Nebenkosten, gesetzliche Regulierungen für Betrieb und Angestellte sowie indirekte und direkte Konkurrenz auf sich nehmen und überwinden. Weshalb sich die Jury des Zürichsee Unternehmens-Award nunmehr schon seit 14 Jahren zum Ziel setzt, das Unternehmertum mit Herzblut zu fördern und unterstützen. Auf diese Weise wird für die Gesellschaft transparent, was solche Unternehmen für unser Land leisten. Strategieberaterin Dr. Noemi Schöni wird als jüngstes Jury-Mitglied mit Applaus begrüsst und gefragt, worin sie den Sinn dieser Auszeichnung sehe: «Es geht dabei um einen Ausdruck der Wertschätzung für die Leistung und vor allem auch die hinter einem Unternehmen stehenden Menschen. Es soll eine Anerkennung für aussergewöhnliche Leistungen insbesondere in dieser Region sein», so Schöni. Und auf die Fragen der Präsentatorin, wie eine Firma denn überhaupt dazu nominiert werden könne und welche Bewertungskriterien dem Award zugrunde liegen: «Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder man bewirbt sich direkt übers Internet für diesen Award, oder die Unternehmung wird von einem Jury-Mitglied oder auch einem Geschäftspartner nominiert. Und die Bewerbungskriterien dazu wurden jüngst dahingehend aktualisiert, dass auch ein Startup prämiert werden kann und eine echte Erfolgsgeschichte dahinter stehen muss, die konkret auszeichnungswürdig ist.»


Der diesjährige Preis wird an das noch junge Food-Unternehmen TENZ GmbH verliehen, welches vor 6 Jahren quasi aus einer Idee im Nebenjob heraus vom in einer Werbeagentur arbeitenden Grafiker Tenzin Tibatsang «from the scratch» aufgebaut wurde, jetzt mehr als 100 Angestellte beschäftigt und jährlich an bis zu 60 Anlässen vertreten ist. Darüber hinaus plant die TENZ GmbH eine Produktionsstätte, welche nächstes Jahr rund 3’000 m2 umfassen soll: TENZ-Geschäftsleiter Tenzin Tibatsang kommt die Ehre zu, in der Schweiz das tibetische Nationalgericht MOMO – authentische Tibet-Teigtaschen – eingeführt und überall bekannt gemacht zu haben! Er und sein Team haben es geschafft, die Momos an Streetfood-Festivals, mit Catering, eigenen Restaurants und über Geschäftspartner mit grossem Erfolg zu verkaufen. Standing ovations – und Gratulation dazu auch nochmals von www.insidenews.ch !

Ansprache von Dr. David Bosshart, Präsident der Duttweiler Stiftung, zur Zukunft per se (Auszug)

Kaum zu glauben, dass der Keynote Speaker an über 2’200 Kongressen, Summits und Foren in über 40 Nationen (Europa, Nord- und Südamerika, Afrika, Asien vor mehr als 350’000 Teilnehmenden) weltweit auftrat und seine «speeches» zum Themenkreis abgab: Jugendlich viril wie er einherschreitet – nimmt man ihm das allerdings sofort ab. Und dann nimmt ER auch schon Bezug auf die ähnlichen Themen, welche sein Vorredner Joseph Jung ausgebreitet hatte, weil die Eisenbahn tatsächlich ein riesiger Knotenpunkt in der integralen Entwicklung der Wirtschaftsgeschichte sei. Sodann spiele der Tourismus eine wichtige Rolle, und Europa sei von den USA und China schon lange abgehängt worden, aber erstere würden im Klimabereich das Zepter übernehmen. Wenn man die Schweiz anschaue, müsse man gleichzeitig auch immer die Demografie in der Welt für die Zukunft betrachten: «Japan erreichte den demografischen Peak in den 90-er-Jahren, Europa um 2’000, die Chinesen 2010 und heute die USA ab 2020. Das Median-Alter schreitet fort, was insofern gut ist, dass ältere Gesellschaften relativ friedlich sind.», so Bosshart. Alte Menschen würden sich nicht mehr gegenseitig den Kopf einschlagen, könnten zwar aggressiv werden, wenn ihnen jemand den Parkplatz wegnähme – aber sie würden sich kaum mehr schlagen… «Die grossen Brüche sind selbstredend technologie-bedingt, denn diese wird zunehmend stärker, wenn Sie nur ‘mal an die Telecom-Netze 4G, 5G, 6G denken.» Was bedeute, dass die Menschen in ihren Fähigkeiten nachgerade träge geworden sind. Wir wüssten nicht mehr, wohin die Zukunft führe – alles befinde sich im Fluss.

(copyright by jpr)

Bosshart: ««Als Zukunftsforscher bin ich nur ein umgekehrter Historiker.» Letzterer versuche in der Vergangenheit eine gute Geschichte dieses Zeitalters zu erzählen, hingegen versuche ich eine möglichst gute Geschichte über die Zukunft zu erzählen. Es gäbe hierzu einige Tricks mit wunderbar guten Aussagen – allen voran von Pionieren wie Elon Musk, der seinen Mitarbeitenden gesagt hätte: «You can’t remember, what you can’t connect!». Denken wir diesbezüglich nur ‘mal kurz an unsere SmartPhones: Ohne diese ginge es uns heutzutage übelst, denn wir könnten uns vielfach nicht einmal mehr an die von uns gespeicherten Telefonnummern mehr erinnern – ja bei der Mehrheit von uns, befindet sich gar das halbe Leben in diesen allzeit verfügbaren Zauberdingern…»» Auch lebten wir in einer kapitalistischen Welt, weshalb wir auf Gedeih und Verderb von Wachstum abhängig sind. Oftmals könne deshalb heute nicht mehr von Fortschreiten,

sondern FortSCHROTTen gesprochen werden… «Was fangen wir nun mit der hiesigen Technologie und den Möglichkeiten, die sie uns bietet an? Und wenn ich nach den Covid-Massnahmen erneut ins Büro zurück kehren muss,

dann bitteschön mit den Optionen auf Yoga über Mittag und meinen Hund mitnehmen zu dürfen…» Amazon hätte 76’000 Angestellte, unter welchen 7’000 Mitarbeitende mit ihrem Hund an den Arbeitsplatz eintreffen… Interne Coiffeure bei solchen Grosskonzernen längst verwirklicht! Und WER spare heute angesichts von Niedrig- und Negativ-Zinsen noch? Sofort-Verwirklichung der eigenen Wünsche sei an die erste Stelle getreten: Finanziert von Spekulationen mit etwas Bitcoins und/oder Aktien! «Letztlich ändert sich ganz einfach die Logistik – und unsere Produktivitätsfort-schritte schreiten in wesentlich kürzerer Zeit fort, als noch zu Zeiten von Edison, dem Erfinder der Glühdirne»…

Im Uebrigen seien Genies – zu unterscheiden von Pionieren – wie Elon Musk sozial nicht sehr angenehme Menschen, sondern eher Soziopathen. ««Wer würde schon gerne Steve Jobs als Chef haben? Bestimmt lernte man viel bei ihm, aber charakterlich wär’s schwierig… Kein Zufall ist, dass bei vielen der Top-Firmen wie Google, Alphabet, Microsoft, IBM, usw. Inder das Sagen haben. Wogegen Amerikaner startup’s hypen, bevor überhaupt ‘was geleistet wurde, und ein Projekt viel rascher kommerzialisieren und personalisieren – eben brutal monetär-getrieben. Wir Europäer bekunden dagegen Mühe mit der Fehlerkultur und sind vom Spirit her total anders ausgerichtet als letztere – und anders als die Chinesen sowieso, bei welchen sämtlich neu gewonnene Daten in der Regierung «zentralisiert» werden. Beindruckend allerdings, wie ultra-schnell die Chinesen dazu fähig sind, innert nur 9 Stunden mit 1’500 Arbeitern einen kompletten Bahnhof zu erbauen: Sie beginnen damit abends um 06.30 – und um 03.30 morgens ist das Werk fertig!…»»

Die vielleicht fundamentalsten Revolutionen in der Geschichte der Menschheit sieht David Bosshart übrigens in der Erfindung der Schriftsprache, derjenigen des Geldes als Tauschmedium und seit 40 Jahren der Erfindung der Software!

Treffend auch David’s Aussagen zur wachsenden Zahl an sog. «Experten»: «Je komplexer die Welt wird, desto mehr glaubt man Experten zu brauchen; letztere sind aber meistens Beamte, welche die Probleme NICHT wirklich lösen, sondern gar noch erhöhen. Denn ein Experte weiss über immer weniger immer mehr – bis er über nichts Alles weiss und damit vom Fachidioten zum Vollidioten mutiert!» Dem ist nichts anzufügen…

Nach diesem hier nur sehr ausschnittsweise wiedergegebenen, rund 45-minütigen Vortrag wurde den Gästen ein Apéro riche mit hervorragenden Häppchen aus der Gourmet-Küche des GDI Rüschlikon ausgerichtet.

GDI Gottlieb Duttweiler Institute, Langhaldenstr. 21, CH-8803 Rüschlikon/Zurich, info@gdi.ch – Tel.: +41 44 724 61 11