Die EU will fluorierte Kunststoffe künftig verbieten. An einer kürzlichen stattgefundenen Veranstaltung des Hightech Zentrums Aargau in Brugg diskutierten rund 100 Expertinnen und Experten aus dem ganzen deutschsprachigen Raum über die Folgen für Konsumenten und Industrie.
Grund genug für das Hightech Zentrum Aargau, dem europaweit sehr kontrovers diskutierten Thema einen Workshop zu widmen.
Technisch gesehen handelt es sich um per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS), doch Praktiker sprechen oft einfach von fluorierten Kunststoffen. Das Element Fluor macht diesen Kunststoffe extrem beständig, sie sind weder fett- noch wasserlöslich und kommen deshalb in den Beschichtungen von Regenjacken, unter dem Namen Teflon in Pfannen und Töpfen, als Schmiermittel in der Metallverarbeitung oder als Dichtungsmaterial in der Lebensmittelindustrie und Chip-Produktion zum Einsatz.
Aufgrund ihrer hohen Beständigkeit können sich PFAS im menschlichen Körper anreichern und die Gesundheit belasten. Deshalb sind sie in Skiwachsen und den Schäumen von Feuerlöschgeräten bereits verboten. Doch nun will die Europäische Chemikalienagentur ECHA einen Schritt weiter gehen: Anfang 2023 publizierte diese einen Regulierungsvorschlag der darauf abzielt, die PFAS Belastung in der Umwelt massiv zu reduzieren; entweder durch einen Verbot der ganzen Stoffgruppe oder durch Kreislaufauflagen gegenüber der Industrie.
Alarmismus nicht angesagt
In Konsumgütern sind fluorierte Kunststoffe verzichtbar, so der Tenor der Anwesenden an der Veranstaltung.
Schweizer Firmen wie Mammut oder Kuhn-Rikon arbeiten an Alternativen. Anders sieht es bei den industriellen Anwendungen aus. Ein Verbot könnte etliche Prozesse allerdings massiv verteuern; beispielsweise in der Abfüllung von Getränken. Andere Verfahren sind, Stand heute, ohne fluorierte Stoffe gar nicht denkbar; etwa die Produktion von mikroelektronischen Komponenten. Eins zu eins ersetzen lässt sich Fluor aufgrund seiner einzigartigen Eigenschaften nicht. Doch
Alarmismus, das machten die in Brugg versammelten Fachleute deutlich, sei ebenfalls nicht angebracht. Im Moment läuft bei der ECHA das europaweite Vernehmlassungsverfahren. Mit einem Abschluss ist frühestens Ende 2025 zu rechnen.
«Der Industrie bleibt also noch Zeit, um zu reagieren», erklärt Tagungsleiter Marcus Morstein vom Hightech Zentrum Aargau. Man befinde sich in einem Übergangsprozess. Es werde intensiv geforscht. «Am Ende», so der Chemiker und Innovationsexperte zuversichtlich, «haben wir vielleicht die besseren Schmier- und Dichtmittel als heute.»