MEL - das andere Leben
Kino-Premiere vom 15. Juni '17 im XENIX Zürich

MEL – DAS ANDERE LEBEN

Ein atmosphärisch dichtes Porträt in Interview-Form von Autor und Regisseur Hans Peter Riegel: Mel hat ihre Jugend in den Neunzigern Zürichs zwischen besetzten Häusern und gewalttätigen Männern in der Drogen-Szene erlebt.

Nachdem Mel aus einem Internat abgehauen ist, findet sie zu Beginn der 90-er-Jahre Zuflucht im damaligen Wohlgroth-Areal. Denn ihre Mutter ist psychisch krank, ihr Vater kann sich ebenso wenig um sie kümmern. Kaum sechzehn, schlägt sie den Weg als Dealerin ein, schmuggelt Hasch und LSD-Trips im legendären Nachtzug Zürich-Amsterdam-retour. In der Drogenszene wird sie u.a. Opfer bizarrer Fantasien und Gewalt, in die sich Männer im Rausch versteigern. Sexuell dennoch stets sehr freizügig, fand sie über „Bondage“ letztlich befreiendes Vertrauen wieder.

Das Zeitdokument polarisiert. Denn – wie in einem Songtext des Soundtracks mit „never wanted to be, what I was“ verdichtet – schien dies in den 90er-Jahren vielen Jugendlichen ein alternativer Lebensentwurf. Bewusst unter Entbehrungen im mehrheitlich vom Drogenkonsum aller Art zugedröhnten Zustand über Monate und Jahre hinweg dahin vegetierend. Jeden Tag und die darauf folgende Nacht passiv und eher morbid überlebend. Dieser Lebensstil beinhaltete auch die Verweigerung jeglicher, eigener Aktivität. Sie bildete im verrufenen, ehemals autonomen Wohlgroth-Areal eine Welt für sich. Denn andere Jugendliche derselben Zeitepoche gingen nach dem Motto „ausser man/frau tut es!…“ aktiv einer mehr oder weniger sinnvollen und beglückenden, aber immerhin den Lebens-Unterhalt erbringenden Tätigkeit oder Kunstfertigkeit nach. Auch war entgegen der Aussage der Film-Protagonistin, Zürich sei „grau und langweilig gewesen“, damals bloss in Erfahrung zu bringen, in welch zahlreichen „locations“ bereits in den 90-ern Zürich’s „die Post abging“!

Der attraktive Soundtrack zum Streifen besteht aus sinnvoll repetitiven Versatz-Stücken, basierend auf wenigen Akkord-Folgen. Zum grösseren Teil durchdrungen von der Weltklasse-Stimme der Zürcher Power-Sängerin Verena von Horsten, welche „laid back“ lasziv und sexy sowie eindringlichst auf die Tonart genau stark interpretiert! Instrumentale Höhepunkte sind wohl absichtlich auf harmonischer Sparflamme gehalten. Ueberhaupt scheint die musikalische Untermalung oder Kontrapunktierung bewusst reduziert, kaum je überladen und auf den Filminhalt abgestimmt. Diese lässt Raum zum Nachdenken über die im Zeitdokument wiedergegebene, spezielle, eher parasitäre und sucht-betonte Alternativ-Welt. Denn die Rechnung für letztere bezahlt jeweils das in der Schweiz komfortabel bestehende, soziale Auffang-Netzwerk…

Im übrigen sind ein paar sexuell explizite Video-Szenen und -Darstellungen bestens in den Film integriert, wenngleich diese wohl absichtlich einer bestimmten Basis-Aesthetik entbehren. Nicht nur von dem her, sei das cineastische Werk auch einer breiteren Gesellschaft an Kino-Besuchern empfohlen!

Mit einem Budget von lediglich 30’000.- CHF inkl. Soundtrack, bewegt sich der Film in der Kategorie der „Low Budget Movies“. Was mit handelsüblichen Systemkameras und sogar i-phone bewerkstelligt werden konnte.

Die eingangs vermerkte Film-Premiere findet in Anwesenheit von Melanie Derron sowie Autor und Regisseur Hans Peter Riegel im beziehungsreichen Kino XENIX in Zürich statt.